by dejost » 25 Jun 2015, 07:56
Ein großes Lob für den ORF: Nachdem er vor kurzem diverse Asylmythen auf ihren (tw sehr bescheidenen) Wahrheitsgehalt überprüft hat (
kortz.at berichtete), macht er das nocheinmal mit Sozialstaatsmythen:
http://orf.at/stories/2285355/2285356/
„Egal wo man politisch steht... wer arbeitet muss am Ende des Monats deutlich mehr haben, als der der es nicht tut.“ Dieser Spruch animiert offenbar nicht zur Diskussion über Erben großer Reichtümer und auch nicht über Spekulanten. Er regt vielmehr zur Debatte über Bezieher der Mindestsicherung an.
Auch diesmal geht es um häufig auf Facebook geteilte Behauptungen.
Liest man solche Postings, könnte man meinen, es gibt Menschen, die ohne jede Überprüfung ihr Leben lang gut 800 Euro monatlich bezahlt bekommen - und zwar ohne Grund und ohne irgendeine Form von Leistung zu erbringen. Das ist nicht der Fall.
Im September 2014 haben 184.298 Menschen in Österreich Leistungen aus dem Topf der „bedarfsorientierten Mindestsicherung“ erhalten[...] 2013 wurden österreichweit knapp 600 Millionen Euro ausbezahlt. Für das gesamte Budget Österreichs waren im selben Jahr 75 Milliarden Euro vorgesehen. Die Mindestsicherung macht davon ein 125stel aus oder 0,45 Prozent. 2012 gab der Staat im Vergleich dazu fast 900 Millionen Euro für Freizeitgestaltung und Sport aus und für den Bereich Kultur 1,8 Milliarden Euro.
Und ca 150 Millionen Euro für Regierungsinserate.
Die maximale Auszahlung beträgt im Monat 827,82 Euro für alleinstehende Personen und Alleinerzieher. Paare bekommen höchstens 1.241,73 Euro. Bei diesen Summen ist der Wohnkostenanteil schon dabei - er beträgt 207 Euro für Alleinstehende, für Paare (insgesamt) 310 Euro.
Diese Zahlen waren meiner Wahrnehmung nach jetzt auch gar nicht strittig, hier seien sie nur zur Wiederholung festgehalten. Es handelt sich aber um die möglichen Höchstbeträge. Laut Armutskonferenz bekommt einE BezieherIn im Schnitt 300 Euro, laut Sozialministerium bekommt der durchschnittliche Bezieher-Haushalt 520.
Denn wer auch aus anderen Quellen Geld bezieht (und das sind 75 Prozent), etwa weil er oder sie Teilzeit arbeitet, vom AMS Geld bekommt oder andere Sozialleistungen wie Kinderbetreuungsgeld erhält, bekommt entsprechend weniger. Das muss man immer mitbedenken, wenn von der Gesamtzahl der Bezieher die Rede ist.
Weiter zum nächsten Punkt: Alles Faulenzer? 27 Prozent der Bezieher sind Kinder, sechs Prozent Menschen im Pensionsalter, die keine Pensionsberechtigung haben. Viele andere können laut Sozialministerium ihre Arbeitskraft „nicht einsetzen“. Das betrifft etwa pflegende Angehörige, Mütter mit Kleinkindern und psychisch oder körperlich Kranke. Dann gibt es noch Mindestsicherungsbezieher, die zwar arbeiten gehen, aber trotzdem zu wenig verdienen, um davon leben zu können. Sie finden etwa nur einen Teilzeitjob oder werden schlicht und einfach zu schlecht bezahlt - Stichwort „working poor“. Insgesamt sind rund 40 Prozent der Bezieher beim AMS als arbeitslos gemeldet.
Im Durchschnitt erhält ein Bezieher Leistungen aus dem Mindestsicherungstopf für acht Monate, also nicht ein halbes Leben lang.
Prekäre Arbeitsverhältnisse spielen auch eine Rolle, dh Leute arbeiten befristet in schlecht bezahlten Jobs und sind dann wieder arbeitslos, aber dann ev nicht anspruchsberechtigt, weil zu kurz beschäftigt odgl, bekommen für einige Zeit eine staatliche Unterstützung, dann arbeiten sie wieder, dann nicht usw.
Und: Ein überwiegender Großteil der Bezieher kann keine Ausbildung über die Pflichtschule hinaus vorweisen.
Der Fall, von dem in allen möglichen Vergleichen ständig die Rede ist, kommt nur selten vor: Personen, die zur Gänze von der Mindestsicherung leben, arbeitsfähig, aber arbeitslos sind, machen lediglich 8,4 Prozent der Bezugsberechtigten aus. Das sind 15.400 Menschen - oder rund 0,18 Prozent der österreichischen Bevölkerung. Sie gelten als „arbeitsfähig“ - und leiden häufig unter massiven gesundheitlichen Einschränkungen. Etwa jemand, der nur drei Stunden pro Tag stehend, dann sitzend arbeiten kann oder auf ähnliche Weise nicht voll einsatzfähig ist.
Als ich noch LaienbeisitzerIn beim ASG war, habe ich gelegentlich mit solchen Fällen zu tun gehabt - da gibt es dann Gutachter, die nennen einige Jobs, die solche Menschen ausüben können, zB Portier, deswegen ist eine Invaliditätspension nicht möglich, weil es ja viele Portiersjobs gibt. Dass die Leute dann solche Jobs trotzdem nicht kriegen, führt dazu, dass sie eben Mindestsicherung (oder andere Sozialleistungen) benötigen.
oft wird fälschlich angenommen, dass der sprichwörtliche Porsche-Fahrer Mindestsicherung beziehen kann, wenn er plötzlich nicht mehr arbeiten „will“. Das ist unrichtig. Alles, was über 4.140 Euro an Erspartem oder sonstigem Vermögen hinausgeht, muss verwertet werden. Das betrifft Lebensversicherungen und Bausparverträge genauso wie Autos und vieles mehr.
Ausgenommen sind nur die Eigentumswohnungen und das Haus, in dem man lebt, bzw. die Einrichtung. Aber auch hier schreibt sich das Amt ins Grundbuch, wenn länger als sechs Monate Mindestsicherung bezogen wird. Werden die Wohnung oder das Haus vererbt oder verkauft, holt sich die öffentliche Hand das Geld zurück.
Das ist einer der Gründe dafür, warum am Land weniger Mindestsicherung bezogen wird als in der Stadt: Hausbesitzer darben lieber weit unter der Armutsgrenze vor sich hin, als ihr Haus zu belasten.
Und zum Thema Wohnen: Wer eine Wohnung mietet, bekommt als Alleinstehender im Rahmen der Mindestsicherung 207 Euro zur Verfügung gestellt.
Da braucht man keine langjährige Erfahrung in der Immobranche um zu wissen, dass man in Wien da bestenfalls einen maroden Garagenplatz kriegt.
Ein guter Teil der Mindestsicherung geht fürs Wohnen drauf, die 207 Euro, die bei einem Single dafür vorgesehen sind, dürften kaum jemandem reichen. Manche Bundesländer springen hier helfend ein, andere nicht.
Die Vorwürfe gehen aber ja gar nicht in die Richtung, dass die Leute, die das bekommen, in Saus und Braus leben, sonderen dass sie eben faule Tachinierer sind, die arbeiten könnten oder nicht wollten bzw dass die reich sind und es trotzdem kriegen.
Einsicht in Kontoauszüge der letzten drei bis sechs Monate, Feststellung von Nebeneinkommen, Einsicht in Mietverträge und ins Grundbuch, etwaige Versicherungen, Kfz-Besitz und vieles mehr.
Eine Studie belegt, dass es nur gegen 0,8 Prozent der arbeitslos gemeldeten Mindestsicherungsbezieher zum untersuchten Zeitpunkt vom AMS eine Sanktion wegen Arbeitsunwilligkeit gab. Wer lügt, bezahlt bis zu 4.000 Euro Strafe. In Niederösterreich wird bei 0,6 Prozent der Kontrollen anlässlich von Hausbesuchen ein widerrechtlicher Bezug festgestellt (2013).
Es gibt Behörden, die dafür bekannt sind, ganz besonders häufig, genau und streng zu überprüfen. Hier werden Werte von bis zu 2,8 Prozent von widerrechtlichem Bezug festgestellt.
Noch eine Anekdote aus meinem reichhaltigen beruflichen Erfahrungsschatz: Ich war einige Zeit für die Strafen von Leuten zuständig, die Arbeitslosengeld widerrechtlich bezogen haben. Die Mindeststrafe war 200 Euro, das mag dem Porschefahrer wenig vorkommen, aber wenn man irgendwo beim Existenzminimum ist, ist das schon viel - und wie gesagt, das ist die Mindeststrafe, das zahlt man, wenn man einen Tag zu spät mitteilt, dass man einen Job gefunden hat. In manchen Fällen war ich auch gar nicht zuständig, weil die Staatsanwaltschaft die Täter verfolgt hat. Worauf will ich damit hinaus? Die Leute werden überwacht, sie werden (zumindest öfter mal) erwischt und sie werden dann auch, tw sehr hoch, bestraft.
Selbst wenn man großzügig rechnet und fünf Prozent der Bezüge als widerrechtlich annimmt - das Einsparungspotenzial entspricht dann laut Armutskonferenz einem Anteil von 0,032 Prozent an den Gesamtsozialausgaben Österreichs. Oder 0,37 Prozent der Verluste, die die Hypo-„Bad Bank“ Heta allein im Jahr 2014 anhäufte.
Bleibt die beliebteste Behauptung: Dass ein Großteil der Bezieher von Mindestsicherung „Asylanten“ sind. Asylwerber sind ohnehin nicht bezugsberechtigt - sondern nur anerkannte Flüchtlinge.
In der Steiermark waren im April 4,6 Prozent der Bezieher Flüchtlinge (795 Personen), in Salzburg 17,5 Prozent (1.450), in Niederösterreich im Mai 14 Prozent (2.195), in Oberösterreich im ersten Quartal 2015 17 Prozent (2.647), in Vorarlberg im April 2015 21,2 Prozent (1.285 Personen - allerdings nicht nur anerkannte Flüchtliche, sondern inklusive subsidiär Schutzbedürftige - eine Sonderform). Für Wien gibt es nur die Zahl für das Gesamtjahr 2014: 8,3 Prozent (13.331 auf das ganze Jahr verteilt - also in einem einzelnen Monat nie so viele).
Rechnet man diese Zahlen großzügig im Verhältnis hoch, müssten maximal um die 14 Prozent der Mindestsicherungsbezieher Flüchtlinge sein. [...]Für Flüchtlinge gelten, was den Bezug der Mindestsicherung betrifft, dieselben strengen Regeln wie für Österreicher. Wer AMS-Termine sausen lässt oder sich nicht für Jobs bewirbt oder bei Schulungen nicht auftaucht, dem werden Zahlungen gestrichen. Und natürlich darf auch bei ihnen kein Vermögen über die 4.140 Euro hinaus vorhanden sein.
Trotzdem werde es durch die Mindestsicherung und ihre Begleitmaßnahmen ermöglicht, 22.000 Menschen pro Jahr aus lange andauerndem Bezug wieder zurück ins Berufsleben zu führen.
Aus meiner (auch schon einige Jahre zurückliegenden) Tätigkeit als Bezirksanwalt habe ich ja die Überzeugung gewonnen, dass es immer besser ist, staatlicherseits den wirklich armen Teufeln, die es gibt, ein paar Hunderter im Monat zuzustecken (und ihnen das wieder abzuerkennen, sobald sie was anstellen), statt sie ganz in der Armut zu lassen, weil das einfach die Wahrscheinlichkeit von Kriminalität aus der bloßen Not heraus erhöht. Ich geh sogar noch weiter und sage, es ist für den Staat bzw die Gesellschaft im Gesamten betrachtet billiger (und daher zweckmäßiger) selbst arbeitsfaulen Leuten 800 Euro im Monat zu gehen (das geht eh sofort zu 98.8% in den Konsum), statt sich nachher zu wundern (und die Folgekosten zu tragen), wenn die Drogen dealen, einbrechen gehen oder Leute auf der Straße wegen ihres Handys oder 5€ niederschlagen.
Und jetzt kommt sicher das Argument: Ja, aber meinem Nachbar sein Friseur dem sein Cousin, der kennt wen, der kriegt aber wirklich 800 Euro und ist ein fauler Tachinierer. Na, wenn's stimmt, zeig' ihn halt an, dann kriegt er's nicht mehr!
Ein großes Lob für den ORF: Nachdem er vor kurzem diverse Asylmythen auf ihren (tw sehr bescheidenen) Wahrheitsgehalt überprüft hat ([url=http://forum.kortz.at/viewtopic.php?f=2&t=106&p=7430#p7430]kortz.at berichtete[/url]), macht er das nocheinmal mit Sozialstaatsmythen:
http://orf.at/stories/2285355/2285356/
[quote]„Egal wo man politisch steht... wer arbeitet muss am Ende des Monats deutlich mehr haben, als der der es nicht tut.“ Dieser Spruch animiert offenbar nicht zur Diskussion über Erben großer Reichtümer und auch nicht über Spekulanten. Er regt vielmehr zur Debatte über Bezieher der Mindestsicherung an.[/quote] Auch diesmal geht es um häufig auf Facebook geteilte Behauptungen.
[quote]Liest man solche Postings, könnte man meinen, es gibt Menschen, die ohne jede Überprüfung ihr Leben lang gut 800 Euro monatlich bezahlt bekommen - und zwar ohne Grund und ohne irgendeine Form von Leistung zu erbringen. Das ist nicht der Fall.[/quote]
[quote]Im September 2014 haben 184.298 Menschen in Österreich Leistungen aus dem Topf der „bedarfsorientierten Mindestsicherung“ erhalten[...] 2013 wurden österreichweit knapp 600 Millionen Euro ausbezahlt. Für das gesamte Budget Österreichs waren im selben Jahr 75 Milliarden Euro vorgesehen. Die Mindestsicherung macht davon ein 125stel aus oder 0,45 Prozent. 2012 gab der Staat im Vergleich dazu fast 900 Millionen Euro für Freizeitgestaltung und Sport aus und für den Bereich Kultur 1,8 Milliarden Euro.[/quote] Und ca 150 Millionen Euro für Regierungsinserate.
[quote]Die maximale Auszahlung beträgt im Monat 827,82 Euro für alleinstehende Personen und Alleinerzieher. Paare bekommen höchstens 1.241,73 Euro. Bei diesen Summen ist der Wohnkostenanteil schon dabei - er beträgt 207 Euro für Alleinstehende, für Paare (insgesamt) 310 Euro.[/quote] Diese Zahlen waren meiner Wahrnehmung nach jetzt auch gar nicht strittig, hier seien sie nur zur Wiederholung festgehalten. Es handelt sich aber um die möglichen Höchstbeträge. Laut Armutskonferenz bekommt einE BezieherIn im Schnitt 300 Euro, laut Sozialministerium bekommt der durchschnittliche Bezieher-Haushalt 520.
[quote]Denn wer auch aus anderen Quellen Geld bezieht (und das sind 75 Prozent), etwa weil er oder sie Teilzeit arbeitet, vom AMS Geld bekommt oder andere Sozialleistungen wie Kinderbetreuungsgeld erhält, bekommt entsprechend weniger. Das muss man immer mitbedenken, wenn von der Gesamtzahl der Bezieher die Rede ist.[/quote]
[quote]Weiter zum nächsten Punkt: Alles Faulenzer? 27 Prozent der Bezieher sind Kinder, sechs Prozent Menschen im Pensionsalter, die keine Pensionsberechtigung haben. Viele andere können laut Sozialministerium ihre Arbeitskraft „nicht einsetzen“. Das betrifft etwa pflegende Angehörige, Mütter mit Kleinkindern und psychisch oder körperlich Kranke. Dann gibt es noch Mindestsicherungsbezieher, die zwar arbeiten gehen, aber trotzdem zu wenig verdienen, um davon leben zu können. Sie finden etwa nur einen Teilzeitjob oder werden schlicht und einfach zu schlecht bezahlt - Stichwort „working poor“. Insgesamt sind rund 40 Prozent der Bezieher beim AMS als arbeitslos gemeldet.[/quote]
[quote]Im Durchschnitt erhält ein Bezieher Leistungen aus dem Mindestsicherungstopf für acht Monate, also nicht ein halbes Leben lang.[/quote] Prekäre Arbeitsverhältnisse spielen auch eine Rolle, dh Leute arbeiten befristet in schlecht bezahlten Jobs und sind dann wieder arbeitslos, aber dann ev nicht anspruchsberechtigt, weil zu kurz beschäftigt odgl, bekommen für einige Zeit eine staatliche Unterstützung, dann arbeiten sie wieder, dann nicht usw.
[quote]Und: Ein überwiegender Großteil der Bezieher kann keine Ausbildung über die Pflichtschule hinaus vorweisen.[/quote]
[quote]Der Fall, von dem in allen möglichen Vergleichen ständig die Rede ist, kommt nur selten vor: Personen, die zur Gänze von der Mindestsicherung leben, arbeitsfähig, aber arbeitslos sind, machen lediglich 8,4 Prozent der Bezugsberechtigten aus. Das sind 15.400 Menschen - oder rund 0,18 Prozent der österreichischen Bevölkerung. Sie gelten als „arbeitsfähig“ - und leiden häufig unter massiven gesundheitlichen Einschränkungen. Etwa jemand, der nur drei Stunden pro Tag stehend, dann sitzend arbeiten kann oder auf ähnliche Weise nicht voll einsatzfähig ist.[/quote]
Als ich noch LaienbeisitzerIn beim ASG war, habe ich gelegentlich mit solchen Fällen zu tun gehabt - da gibt es dann Gutachter, die nennen einige Jobs, die solche Menschen ausüben können, zB Portier, deswegen ist eine Invaliditätspension nicht möglich, weil es ja viele Portiersjobs gibt. Dass die Leute dann solche Jobs trotzdem nicht kriegen, führt dazu, dass sie eben Mindestsicherung (oder andere Sozialleistungen) benötigen.
[quote]oft wird fälschlich angenommen, dass der sprichwörtliche Porsche-Fahrer Mindestsicherung beziehen kann, wenn er plötzlich nicht mehr arbeiten „will“. Das ist unrichtig. Alles, was über 4.140 Euro an Erspartem oder sonstigem Vermögen hinausgeht, muss verwertet werden. Das betrifft Lebensversicherungen und Bausparverträge genauso wie Autos und vieles mehr.
Ausgenommen sind nur die Eigentumswohnungen und das Haus, in dem man lebt, bzw. die Einrichtung. Aber auch hier schreibt sich das Amt ins Grundbuch, wenn länger als sechs Monate Mindestsicherung bezogen wird. Werden die Wohnung oder das Haus vererbt oder verkauft, holt sich die öffentliche Hand das Geld zurück.[/quote][quote]Das ist einer der Gründe dafür, warum am Land weniger Mindestsicherung bezogen wird als in der Stadt: Hausbesitzer darben lieber weit unter der Armutsgrenze vor sich hin, als ihr Haus zu belasten.[/quote]
[quote]Und zum Thema Wohnen: Wer eine Wohnung mietet, bekommt als Alleinstehender im Rahmen der Mindestsicherung 207 Euro zur Verfügung gestellt.[/quote] Da braucht man keine langjährige Erfahrung in der Immobranche um zu wissen, dass man in Wien da bestenfalls einen maroden Garagenplatz kriegt. [quote]Ein guter Teil der Mindestsicherung geht fürs Wohnen drauf, die 207 Euro, die bei einem Single dafür vorgesehen sind, dürften kaum jemandem reichen. Manche Bundesländer springen hier helfend ein, andere nicht.[/quote]
Die Vorwürfe gehen aber ja gar nicht in die Richtung, dass die Leute, die das bekommen, in Saus und Braus leben, sonderen dass sie eben faule Tachinierer sind, die arbeiten könnten oder nicht wollten bzw dass die reich sind und es trotzdem kriegen. [quote]Einsicht in Kontoauszüge der letzten drei bis sechs Monate, Feststellung von Nebeneinkommen, Einsicht in Mietverträge und ins Grundbuch, etwaige Versicherungen, Kfz-Besitz und vieles mehr.
Eine Studie belegt, dass es nur gegen 0,8 Prozent der arbeitslos gemeldeten Mindestsicherungsbezieher zum untersuchten Zeitpunkt vom AMS eine Sanktion wegen Arbeitsunwilligkeit gab. Wer lügt, bezahlt bis zu 4.000 Euro Strafe. In Niederösterreich wird bei 0,6 Prozent der Kontrollen anlässlich von Hausbesuchen ein widerrechtlicher Bezug festgestellt (2013).[/quote]
[quote]Es gibt Behörden, die dafür bekannt sind, ganz besonders häufig, genau und streng zu überprüfen. Hier werden Werte von bis zu 2,8 Prozent von widerrechtlichem Bezug festgestellt.[/quote]
Noch eine Anekdote aus meinem reichhaltigen beruflichen Erfahrungsschatz: Ich war einige Zeit für die Strafen von Leuten zuständig, die Arbeitslosengeld widerrechtlich bezogen haben. Die Mindeststrafe war 200 Euro, das mag dem Porschefahrer wenig vorkommen, aber wenn man irgendwo beim Existenzminimum ist, ist das schon viel - und wie gesagt, das ist die Mindeststrafe, das zahlt man, wenn man einen Tag zu spät mitteilt, dass man einen Job gefunden hat. In manchen Fällen war ich auch gar nicht zuständig, weil die Staatsanwaltschaft die Täter verfolgt hat. Worauf will ich damit hinaus? Die Leute werden überwacht, sie werden (zumindest öfter mal) erwischt und sie werden dann auch, tw sehr hoch, bestraft.
[quote]Selbst wenn man großzügig rechnet und fünf Prozent der Bezüge als widerrechtlich annimmt - das Einsparungspotenzial entspricht dann laut Armutskonferenz einem Anteil von 0,032 Prozent an den Gesamtsozialausgaben Österreichs. Oder 0,37 Prozent der Verluste, die die Hypo-„Bad Bank“ Heta allein im Jahr 2014 anhäufte. [/quote]
[quote]Bleibt die beliebteste Behauptung: Dass ein Großteil der Bezieher von Mindestsicherung „Asylanten“ sind. Asylwerber sind ohnehin nicht bezugsberechtigt - sondern nur anerkannte Flüchtlinge.[/quote][quote]In der Steiermark waren im April 4,6 Prozent der Bezieher Flüchtlinge (795 Personen), in Salzburg 17,5 Prozent (1.450), in Niederösterreich im Mai 14 Prozent (2.195), in Oberösterreich im ersten Quartal 2015 17 Prozent (2.647), in Vorarlberg im April 2015 21,2 Prozent (1.285 Personen - allerdings nicht nur anerkannte Flüchtliche, sondern inklusive subsidiär Schutzbedürftige - eine Sonderform). Für Wien gibt es nur die Zahl für das Gesamtjahr 2014: 8,3 Prozent (13.331 auf das ganze Jahr verteilt - also in einem einzelnen Monat nie so viele).[/quote]
[quote]Rechnet man diese Zahlen großzügig im Verhältnis hoch, müssten maximal um die 14 Prozent der Mindestsicherungsbezieher Flüchtlinge sein. [...]Für Flüchtlinge gelten, was den Bezug der Mindestsicherung betrifft, dieselben strengen Regeln wie für Österreicher. Wer AMS-Termine sausen lässt oder sich nicht für Jobs bewirbt oder bei Schulungen nicht auftaucht, dem werden Zahlungen gestrichen. Und natürlich darf auch bei ihnen kein Vermögen über die 4.140 Euro hinaus vorhanden sein.[/quote] [quote]Trotzdem werde es durch die Mindestsicherung und ihre Begleitmaßnahmen ermöglicht, 22.000 Menschen pro Jahr aus lange andauerndem Bezug wieder zurück ins Berufsleben zu führen.[/quote]
Aus meiner (auch schon einige Jahre zurückliegenden) Tätigkeit als Bezirksanwalt habe ich ja die Überzeugung gewonnen, dass es immer besser ist, staatlicherseits den wirklich armen Teufeln, die es gibt, ein paar Hunderter im Monat zuzustecken (und ihnen das wieder abzuerkennen, sobald sie was anstellen), statt sie ganz in der Armut zu lassen, weil das einfach die Wahrscheinlichkeit von Kriminalität aus der bloßen Not heraus erhöht. Ich geh sogar noch weiter und sage, es ist für den Staat bzw die Gesellschaft im Gesamten betrachtet billiger (und daher zweckmäßiger) selbst arbeitsfaulen Leuten 800 Euro im Monat zu gehen (das geht eh sofort zu 98.8% in den Konsum), statt sich nachher zu wundern (und die Folgekosten zu tragen), wenn die Drogen dealen, einbrechen gehen oder Leute auf der Straße wegen ihres Handys oder 5€ niederschlagen.
Und jetzt kommt sicher das Argument: Ja, aber meinem Nachbar sein Friseur dem sein Cousin, der kennt wen, der kriegt aber wirklich 800 Euro und ist ein fauler Tachinierer. Na, wenn's stimmt, zeig' ihn halt an, dann kriegt er's nicht mehr!