Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

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Moderator: Gabriel Ritter

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dejost
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Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by dejost »

8ung, dieser Thread ist erstens subjektiv und zweitens voller Spoiler

Ursprünglich ging es nur um Krimiserien, die der ORF (mit)produziert hat, aber das Thema wurde massiv erweitert:
Es geht mittlerweile um alle TV-Großereignisse und jegliche Serien, egal von wem produziert und wo erstmalig ausgestrahlt.

Zu Abgrenzung zu anderen Topics:
Es gibt ein eigenes Film-Kritik-Topic, wo Filmkritiken hineinkommen, hier nur Serien und TV-Mehrteiler.
Es gibt ein eigenes Topic nur für die Tatort-Reihe.
Für Live-Action-Serien, die auf Comics basieren, gibt es ebenfalls ein eigenes Topic.
Für Animation gibt es derzeit gar nichts, bei Bedarf kann aber jederzeit eines gestartet werden.

Und aus irgendwelche Gründen gibt es auch ein Topic um vor Lemony Snicket zu warnen.

Das erste hier besprochene TV-Ereignis entsprach nach der ursprünglichen Einschränkung, es ging um die die Krimiserie
Zodiak

http://film.orf.at/zodiak/

Allgemein:

Nun gut, ein Krimi - Vierteiler ist einmal per se zu lang und weist daher gezwungenermaßen Längen auf. Außerdem wird es durch die Vielzahl an Personen und dem Wochenabstand zwischen Teil 2 und 3 schwieriger als nötig zu folgen.
Diese Hürden wurden gemeistert, aber nicht sehr außergewöhnlich.
Es wäre wohl besser gewesen, das ganze irgendwie auf 4 h oder so zu kürzen.

Dramaturgie:

Im Großen und Ganzen auch passabel gelöst, jede Folge endet mit einem kleinen Höhepunkt, der zwar teilweise vorhersehbar, aber doch annehmbar aufgelöst wird.
Dass Gabriel Fischer- Hellwarth (= von Thun) in der 3. Folge stirbt ist eine sehr spannende Wendung, klassisch hätte man eine Konfrontation zwischen ihm und dem Mörder erwartet.
Das Auseinanderbrechen der Familie und Verschieben der Loyalitäten nach dem Tod des Patriarchen ist zwar gut dargestellt, wird aber dann doch übertrieben (man muss die eigene Frau ja nicht gleich erwürgen wollen).
Dass die verschollene Großmutter erst in der letzten Hälfte des letzten Teils als dea ex machina kommt und das Motiv mitbringt, ist etwas schwach.
Das Ende ist aber ok: Noch die eine oder andere spannende Wendung, der Lösegelderspresser ist ein Trittbrettfahrer (war eh klar), die Freundin fällt in den Rücken, aber am Ende passt (fast) alles zusammen. Rettung in letzter Sekunde. Unklar bleibt, wieso Zodiak erstens so auf diesen ganzen Astrologiemist steht, zweitens wieso er seine ähh Tante umbringt, wieso er Altenberg umgebracht hat und wieso er das Geld in Diamantenform in der Donau versenkt statt damit nach vollzogener Rache abzuhauen, bleibt im Dunkeln, Zodiak darf am Ende halt leider keinen typischen "Das ist meine Seite der Geschichte"- Schurken- Monolog halten.

Darstellung von Polizei und Justiz:

Das ist echt missglückt.
Die Staatsanwältin die selber Hausdurchsuchungsbefehle ausstellt und mit einem einzigen (!) Akt und der Robe durch irgendwelche Stiegenhäuser spaziert.
Die (österreichische) Juristin, die Jura (!) studiert hat und trotz Postgraduates und Kanzleierfahrung nicht mal grundlegende Ahnung vom österreichischen Recht hat.
Auch was die Graphologie anbelangt ist das ganze eher laienhaft gehandhabt worden. Und wenn Polizeiarbeit so funktionieren würde, wäre die Mord- Aufklärungsquote bei uns nicht 100%.

Schauspielerische Leistung:

Naja. Herz-Kestranek und von Thun habe ich schon höhere schauspielerische Berge erklimmen sehen, auch Fritz Karl hat schon früher richtig geschauspielt.
Dass der Sidekick des Cops, dargestellt von Max Schmiedl, seines Zeichens hauptberuflich Taxi Orange Gewinner, und Felix Vogler, dargestellt von Hans Sigl, nicht der Mörder sind war relativ klar: Von beiden war nicht zu erwarten, dass sie einen Mörder glaubhaft darstellen können.

Wie dumm kann man sein:

Der Cop bekommt im Rahmen eines Einbruchs ein wichtiges Beweisstück. Und stattdessen dass er sagt (so wie er es später übrigens schon tut) "Wurde mir anonym zugespielt" sagt er "Ups, hab ich geklaut, können wir nicht verwenden." Im Übrigen, wie ist denn das mit Beweisverwertungsverboten bei uns, hm?
Esther glaubt, im Cop den Mörder erkannt zu haben. Und da trifft sie sich mit ihm auf einem einsamen Staudamm, um ihn damit zu konfrontieren, dass sie glaubt, er will ihre gesamte Familie (!) auslöschen.
Spielt das ganze jetzt eigentlich in Kärnten oder Wien?
Last edited by dejost on 08 May 2013, 08:02, edited 4 times in total.

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Post by Der Alchemist »

Zodiak hab' ich gottseidank nicht gesehen. Und über den anderen Film möge bitte schnellstens das Jüngste Gericht kommen. :D

Die Ermittler werden samt und sonders als verrückt dargestellt. Morettis Charakter ist so mies und durchgeknallt, dass der nichtmal bei der realen Fremdenpolizei unterkommen würde ... :wink:

Werde mir heute trotzdem den zweiten Teil anschauen. Will halt wissen, wie's ausgeht. Vielleicht wird's ja noch spannend. Und [supermarktwerbung]ja, natürlich[/werbung] erinnert dieser Zweiteiler an Seven.
Gnothi seauton. Kai genoio, hoios essi.

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Post by Der Alchemist »

Das Jüngste Gericht, Teil II: Spannender als der Erste. Morettis Charakter nachwievor zu sehr Psycho, um als Kriminalbeamter durchzugehen. Was die schauspielerische Leistung natürlich nicht schmälert. Manche Fragen bleiben unaufgeklärt. Insbesonders, wie es der Täter geschafft hat, nie Spuren zu hinterlassen. Die Täterfigur selbst habe ich nicht schlüssig gefunden. Auch wäre es interessanter gewesen, wenn er entkommen wäre. Oder noch besser: man hätte seine Identität gar nicht erst herausgefunden. Noch ein Gedanke: es wäre vielleicht auch spannend gewesen, das Ganze in Richtung Mystery zu treiben, sprich: ein Nichtmensch als Täter. Leider hat sich das Drehbuch - wie so oft - auf ein allzu klassisches Ende beschränkt. Fast wie bei Seven. :wink:
Gnothi seauton. Kai genoio, hoios essi.

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Post by dejost »

Nochmal Warnung:
8ung, dieser Thread ist erstens subjektiv und zweitens voller Spoiler

Zunächst muss ich mal dem Alchemisten im Großen und Ganzen zustimmen, wobei ich es noch enttäuschender gefunden hätte, wenn dann am Schluss urplötzlich rauskommt, der Täter ist der Dover Demon.

Der heutige Film ist der 2Teiler

Das jüngste Gericht


Allgemein:

Bin das nur ich, oder SCHREIT dieser Film aus vollen Lungen in das Megaphon:
Ich bin eine Kopie von Sieben (Seven)

Sogar dass der Mörder das Kind des ermittelnden Polizisten unbringt (allerdings ist das Kind hier schon geboren)!
Und der Mörder plant auch, dass ihn der Polizist am Schluss umbringt, als Finale seines Treibens. Einzig hier wird von der Parallele abgewichen und der Mörder muss sich selbst umbringen.

Außerdem ist das Argument ein Blödsinn, dass der Täter ein Katholik sein muss, weil er die 10 Gebote so und nicht anders nummeriert hat. LutherianerInnen und Katholen nummerieren die 10 Gebote gleich, nur die sonstigen christlichen (und nicht- christlichen) Konfessionen haben eine andere Abfolge.

Dramaturgie:

Naja, ich habe den Film mehr so nebenbei gesehen.
Trotzdem tappsen alle inkl der ZuseherInnen im ersten Teil nur mehr oder weniger im Dunkeln, es wird zwar Spannung aufgebaut, aber es geht irgendwie wenig weiter.
Das der Sohn am Ende des ersten Teils umgebracht wird, war überraschend.
Der zweite Teil hält die Spannung etwas besser, aber durch weit hergeholte Plot- Twists gegen Ende wird auch dieser Effekt gemäßigt.
Außerdem erscheint das Alter der Personen im Verhältnis zueinander unschlüssig.

Darstellung von Polizei, Behörden und Justiz:

Um Gottes (!) willen.
1. Was hat Michael Häupl mit der Polizeiarbeit zu tun? Genau. NIX. Er würde auch keine Pressekonferenz geben, wenn man glaubt, den Mörder zu haben (naja, er vielleicht schon). Zuständig ist wer? Genau. Der Innenminister. Meinetwegen hätte ich mir noch das Justizministerium als "Chef" der StA einreden lassen.
2. Ein Polizist, der den Mord an seinem eigenen Sohn aufklärt? Noch nie was von Interessenskonflikt gehört?
3. Als der Aushilfspfarrer irgendwas von Beichtgeheimnis sagt, sagt Morettis Psycho- Cop- Charakter doch glatt "Die richterliche Verfügung haben wir in 15 Minuten". Abgesehen davon, dass es beim Beichtgeheimnis keine richterliche Verfügung gibt, in 15 Minuten hat man nicht mal den zuständigen Richter gefunden. (Und Morettis Psycho- Cop hätte wahrscheinlich nicht mal die Bedienungsanleitung für ein Telephon in der Zeit aufgetrieben).

Schauspielerische Leistung:

Eh ok.



Ich wunder mich schon etwas.
Es ist offensichtlich das Geld da, eine ziemlich aufwändige Produktion zu machen, mit Kostümen, Blut, ein paar Spezialeffekten, originellen Außenlocations, Massenszenen etc. Sogar für (halbwegs) gute Schauspieler ist Geld da.
Wieso schreibt keiner gute Geschichten dafür? Wieso liest die nicht jemand durch, ob sie blöd sind?
Last edited by dejost on 08 May 2013, 08:02, edited 1 time in total.

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dejost
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Post by dejost »

Schnell ermittelt.
Eine Krimiserie vom ORF, die offensichtlich vorbei ist.


Mal ein paar gute Punkte:

Die Folgen sind nach dem jeweiligen Mordopfer benannt. Das ist sympathisch.

Ab und zu gelingen ihnen ein paar gute Szenen, zB wo Schnell mit ihrem Ex-Mann in der Pathologie ist, dann klingelt sein Handy. Weil er aber gerade an einer schönen Leich' rumschnippelt, muss sie ihm das Handy ans Ohr halten, während er weiterschnippelt und telephoniert. Dann läutet auch noch ihr Handy, und sie telephonieren gleichzeit, während er weiter schnippelt. Und dann fällt das Handy in die offene Leiche...

Schnell ist extrem unysmpathisch. Achja, eine Rabenmutter ist sie auch.

Nicht so toll:

Klischee ole.
Seltsame Religionsgruppen (sollen wohl die Zeugen Jehovas sein), islamisch-extremistische Konvertiten, dem rassistischen Cop hüpfen dauernd die guten Ausländer vor der Nase herum, die blonde, notgeile, junge Assistenin, etc etc.

Wolf Bachofner spielt überhaupt ungefähr die selbe Rolle wie in Komissar Rex, anders als Moretti oder Markovicz hat er es weder zum sonstigen Film noch zum Theater geschafft.

Und dann wird noch abgekupfert wie blöd:
Das grantelnd-wienerische ihres Kollegen hatten wir, wie schon gesagt, auch schon bei Kommissar Rex, den/die Befragte/n entlassen und dann doch noch eine Frage hinterher schieben war schon bei Columbo zu sehen, dass die Opfer in den Phantasien der Kommissarin erscheinen bei "Cold Case" und die beruflich professionelle, blitzgescheite, privat aber hoffnungslos chaotische Kommissarin wurde auch schon in "The Closer" mit Brenda Leigh Johnson vorstellig.
Noch ein paar geklaute Ideen?
CSI Ermittlungen wie bei CSI, leider war man zu geizig, außer dem Computerfachmann, weiters Laborpersonal zu engagieren, also muss sich der Pathologe um die DNA Spuren etc kümmern.

Achja, und der Gipfel war dann die forensische Anthropologin in der letzten Folge. Forensische Anthropologin! Als ob es so jemand in Österreich gibt. Dafür gibt es seit bald 10 Jahren eine Krimi- Serie über eine solche Wissenschaftlerin, läuft auf ATV, heißt Bones und ist besser als Schnell ermittelt.

Unterm Strich:

Besser als der Soko Müll, und anders als der Soko Müll gibt es hier Potential, welches aber größtenteils verschenkt wird.
Last edited by dejost on 08 May 2013, 08:01, edited 1 time in total.

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Post by Der Alchemist »

Dejo wrote:Schnell ermittelt.
Schnell wieder weggeschalten ...

Habe so bei jeder zweiten Folge mal kurz rübergezockt, nach circa einer Minute hat es dann auch wieder gereicht. Mehr kann ich zu dieser Serie jetzt auf die Schnelle :D nicht wirklich sagen.
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Post by dejost »

Wie im editierten Eingangspost erwähnt, habe ich den Fokus auf Fernseh-Großereignisse generell ausgedehnt, das Kriterium ORF ist weggefallen. (ORF bleibt aus verständlichen Gründen weiterhin der Schwerpunkt)

Flash Forward


Ich bin zu faul zu tippen und stehle von Wiki:
The series revolves around the lives of several people as a mysterious event causes nearly everyone on the planet to simultaneously lose consciousness for two minutes and seventeen seconds on October 6, 2009. During this "blackout," people see what appear to be visions of their lives on April 29, 2010, a global "flashforward."
Die Idee ist ja ganz super, die ersten Folgen sind auch wirklich gut, durchdachte Konflikte, manch überlegter Handlungsstrang.

Trotz allem, nach der Hälfte der ersten Staffel zieht es sich etwas und es ist zu lange, bis endlich irgendwas rauskommt.

Das Arge ist aber: Das Ganze endet überwiegend open-end. Wenige Handlungsstränge werden abgeschlossen, aber sehr viele bleiben offen.
Vor allem bleibt offen, wer warum die Flashforwards erzeugt hat (immerhin das wie wurde pseudo-erklärt - es war der "particle of the week").

Das Ende schreit halt - wie so oft - "Zweite Staffel, Zweite Staffel". Abgesehen davon, dass ich das sowieso nicht mag, gibt es keine zweite Staffel! Die Serie ist gecancelt worden!

Achja, die schauspielerische Leistung war ziemlich gut.
Last edited by dejost on 08 May 2013, 08:01, edited 1 time in total.

harald
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Post by harald »

Na wenn es weg vom ORF geht, dann kann ich auch was posten:

Futurama lebt doch!

1999 das erste Mal ausgestrahlt, dann für Fox immer uninteressanter geworden. Aufgrund der starken politischen und sexuellen Anspielungen wurde Futurama 2003 nach der 4. Produktionsstaffel eingestellt (wesentlich rabiater als Simpsons).

Fox dachte, damit ist die Serie Geschichte. Aber gute Serien sind schwer zu töten.

2 Sender haben Wiederholungen von 2003 bis 2007 gebracht, bei uns ist eigentlich nur Cartoon Network bekannt. Die haben sich relativ billig die Senderechte gekauft.

Seit 2008 gehören die Ausstrahlungsrechte für 5 Jahre Comedy Central (Vertrag darüber wurde mit Fox 2005 geschlossen). Teil des Deals: Von 2007 bis 2009 werden 4 neue Kinofilme gedreht und veröffentlicht, die mittlerweile als 5. Staffel firmieren.

Fox stimmte zu, um das Geld zu kassieren und endlich den Sarg zuzunageln. Denn der Deal lautete: Bei Erfolg der Kinofilme gibts weitere Folgen, sonst ist es aus. Evaluation des Erfolges erfolgte aufgrund der Verkaufszahlen.

Und das Wunder geschah. Obwohl angeblich jeder Filme kriminiell kopiert, schossen die DVD Verkaufszahlen in den Himmel.

Comedy Central drängte auf eine Neue Staffel und Fox konnte nicht Nein sagen.

Daraus folgt: Seit 24. Juni wird die 6. Staffel in den USA ausgestrahlt und ich freu mich auf coole Sprüche wie:
Professor Farnsworth: If you stop partying for a single second, you'll explode and kill everyone here in a fireball melted gears and splattered bones!
Bender: Sounds like a party, baby! Oh yeah!
Fox krieg ein großes Minus von mir, für diese Vorgehensweise, denn jetzt cashen sie auch noch voll ab!
--Harald
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Post by dejost »

dejost wrote:Schnell ermittelt.
Eine Krimiserie vom ORF, die offensichtlich vorbei ist.
Die obige Kritik zu Schnell ermittelt war anlässlich der zweiten Staffel.
Die dritte Staffel endete mit einem Cliffhanger, in dem Schnell angeschossen wird und unklar bleibt, ob sie überlegt (Freud lässt bei diesem Typo grüßen).

Es gab aber dann doch eine vierte Staffel, also hat sie überlebt.

Im Grunde gilt das oben Gesagte auch zu den anderen Staffel - besser gut geklaut als schlecht erfunden (Serienmörder als Polizistengeliebten, Vampirsekte, Psycho interner Emittler usw). Einige gute Szene gab es immer wieder.

Nur das Finale der letzten Staffel - erstens ist die Folge total eigenwillig und impressionistisch. Und dann tun sie einfach so, ohne erkennbaren Grund oder Notwendigkeit, die gesamte letzte Staffel retconnen - Schnell war durchgehend im Koma und hat alle bisherigen Fälle nur geträumt. Trotzdem geht es nicht viel anders aus, der letzte Fall endet trotzdem so wie man es erwartet hat, die Nebenfiguren haben sich am Ende in der selben Konstellation lieb und es ist auch die selbe Person schwanger, und die eigentlich gelösten Fälle entpuppen sich als Cold Cases, die Schnell jetzt wohl lösen kann.
Bizarr, ein Ende in dem man noch möglich viel zusammenhaut, gerade weil es aus ist.

edit: Und trotzdem gab es eine 5. Staffel, wo dann die Folgen auf Spielfilmlänge ausgedehnt wurden.

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Kottan ermittelt: Rien ne va plus

Die genauen Zahlen weiß ich nicht, aber Kottan war der teuerste österreichische Film seit langem und zugleich einer der größten Flops.

Und nachdem ich ihn gesehen habe, weiß ich zumindest wieso das zweite passiert ist: Er war wirklich schlecht. Es waren zwar einzelne gute Wuchteln drinnen, aber mehr auch nicht. Die Handlung - wenn man die so nennen kann - war völlig absurd, was nur noch durch das Ende übertroffen wird.
Es gibt einen Haufen eigenwilliger Einschübe (wie zB Kottan - oder Lukas Resatarits? - kommentiert den Film aus dem OFF; Tanzszenen, fliegende Hunde, Zeichentrickkakerlaken...) und ein paar Running Gags, wie die Sache mit der Autotür.

Ich habe wenige der alten Kottans gesehen. Es kann sein, dass die späteren Kottans auch (so?) absurd waren, aber die haben damals wohl ihr Publikum gefunden - oder eben nicht, es war ja dann aus.

Satirisch war nur sehr wenig an dem Film, und lustig wie erwähnt auch nicht viel.

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CopStories

Allgemein:
Eine Polizeiserie, die in Ottakring spielt - ich musste sie mir schon aus Lokalpatriotismus anschauen.

Die Folge ist ein Remake einer niederländischen Serie, dabei wurden selbst einige Namen übernommen. So heißt der Abteilungsinspektor Altan Uslu auch in der niederländischen Version Altan Uslu. Aus Tina Zonderland wurde Tina Zauner und aus Sylvester Daals wurde in Österreich ganz simpel Sylvester Thaler.

Inwieweit die einzelnen Fälle - oder gleich das Drehbuch - übernommen wurden, weiß ich nicht.

Dramaturgie etc:
Es gibt über 10 Hauptrollen-PolizistInnen. Jede Folge besteht aus sehr vielen, sehr kurzen Geschichten, die parallel laufen, da geht es dann von der verwirrten, alten Frau über gestohlene Handtaschen bis zu Mord.
Die einzelnen Fälle sind daher sehr kurz skizziert, tw nur 3 Szenen. Es gibt auch ein paar sich über die ganze Serie ziehende Handlungsstränge, die aber zum Ende der ersten Staffel nicht aufgelöst wurden.

Dadurch, dass es völlig verschiedene Fälle gibt, sind die qualitativ äußerst unterschiedlich: Bei manchen glaube ich sofort, dass sie direkt aus dem Polizeialltag kommen, manche sind völlig absurd, manche sind gut erfundent etc.

Schauspielerische Leistung:

Die Hauptrollen sind allesamt darstellerisch sehr gut, ein paar Nebenrollen waren durchaus auch prominent besetzt (Dany Siegel! Die wohnt(e) sogar in Ottakring), sehr viele der kleinen Rollen wurden mit Laien besetzt (siehe auch den verlinkten Artikel im Standard), das war manchmal offensichtlich.

Im Hinblick auf die große Anzahl der DarstellerInnen war es aber gut gespielt.

Darstellung von Polizei, Behörden und Justiz:

Um Kelsens Willen.
Das ist eine Polizeiserie.
PolizistInnen sind eine der wenigen Berufsgruppen, die wirklich das Gesetz auswendig können müssen, weil - wie ich so oft sage - der Polizist kann nicht erst den Kodex aufschlagen, um zu wissen, ob er einen Mordverdächtigen jetzt ins Flugzeug steigen lassen soll oder nicht.

Aber fast immer, wenn es um irgendwas rechtliches gegangen ist, war es schlicht und ergreifend falsch.
Bei ein paar einzelnen Szenen konnte man noch sagen, gut, der Polizist redet jetzt irgendeinen (juristischen) Schwachsinn, weil er glaubt/hofft, dass die Leute dann so Ruhe geben.

Wenn mir mal fad ist, schreibe ich einen Brief an ORF und Produktionsfirma. (Gebhardt Productions GmbH, Neusiedlerstrasse 50, A-2340 Mödling, office@filmpark.tv)

Unklar ist, wieso da dauernd eine Stadträtin der Polizei reinpfuscht, obwohl sie dafür nicht zuständig ist (vgl ein paar Postings weiter oben zu Häupl und die Polizei), und in Wahrheit nur den Oberpolizisten bumsen möchte.

Weiters:
http://dastandard.at/1363706043114/Maen ... ndersachen
Wie so oft in Krimiserien schlägt auch bei der neuen ORF-Eigenproduktion das "Bulle von Tölz"-Problem zu: Die Dichte der schweren Fälle ist schwer unglaubwürdig. Ottakring wird zur Bronx hinunterstilisiert, die Eskalationen im "authentischen" Umfeld des Migrantenbezirks wirken bemüht, aufgesetzt und unfreiwillig komisch.
Die Missachtung polizeilicher Richtlinien schadet nicht nur so gar nicht, sondern ist meist einziger Lösungsweg am harten Ottakringer Pflaster. Wien ist Chicago geworden! Da muss man im Lauf der Ermittlungen Zivilisten und/oder Verdächtigen ordentlich auf den Tisch (oder Kopf) hauen, provozieren, sie (mit der Pistole) bedrohen. Aber keine Sorge, die Migranten-Männer wissen sich auch zu helfen - schließlich geht's um die Ehre!
Der Standard ist hinsichtlich der stereotypen Ethnodarstellung sehr kritisch. Ich finde die Kritik zwar berechtigt, aber nicht in diesem Ausmaß.

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Wie immer als Warnung: Spolier ahoy!

Twin Peaks
Ja, ich weiß, ich bin mit meiner Kritik 20 Jahre zu spät. Und?

Als "the definite Lynch" wurde diese Serie verkauft, mich persönlich hat sie eher enttäuscht.

Twin Peaks ist eine - per se nicht schlechte - Mischung aus (langgezogenem) Whodunnit, Soap Opera und - ab der zweiten Staffel - Geistergeschichte.
Es geht sehr in die Abgründe der menschlichen Seele, und das ganze in einem netten, sympathischen Kleinstädtchen mit einigen sehr bizarren Charakteren.

Der Titel Twin Peaks gibt auch ein Motiv der Serie vor: Dualität. Die meisten Charaktere haben zwei Seiten, oder eine Art Gegenteil, es gibt die Black und die White Lodge usw. Davon abgesehen, dass solche Konstellationen oft vorkommen, ist daraus aber nichts gewonnen.

Letztlich sind beide Staffeln gleich unzufriedenstellend:
In der ersten fehlt as surreale Element noch überwiegend, lediglich Agent Coopers Traumdeutung als Ermittlungsmethode udgl klingen in diese Richtung an.
Die erste Staffel ist aber nur eine Vorstellungsrunde mit 7 Folgen - man lernt die Figuren und ihre Position(en) kennen, dann gibt's einen Cliffhanger und aus.

In der zweiten Staffel wird es übernatürlicher und surrealer. So ist dann auch der Mörder, der ca 20 Folgen lang gesucht wird halt, eben die demonic possession (mehr s.u.), aber da das nicht Buffy ist, hat das keinerlei Konsequenz - sie versuchen zu keinem Zeitpunkt, den Dämon irgendwie unschädlich zu machen. Weil sie aber dann noch ~10 Folgen zu füllen hatten, kommt ein Serienmörder daher, der die magische Kraft der Black Lodge anzapfen möchte (was eigentlich eh klar sein sollte, dass das nicht geht), metzelt halt ein paar Leute nieder, nächster Cliffhanger, aus.
Die einzigen Handlungsstränge, die abgeschlossen werden sind die, wo die Betroffenen draufgehen.

Die Serie hat einige einprägsame, absurde und/oder bizarre Charaktere, wie die Log Lady (eine Frau, die immer mit einem Stück Baumstamm herumläuft, dessen Wahrnehmungen sie berichtet), die einäugige Erfinderin mit Superkräften, den FBI-Agent-Transvestit (wobei David Duchovny für eine andere FBI-Rolle berühmt wurde) oder Gordon, den schwerhörigen FBI Chief (gespielt von Lynch selbst). Mein Favorit ist Albert Rosenfield.

Schade fand ich auch, dass Cooper nichts mit Audrey angefangen hat. MacLachlan, der Darsteller, hat eingewandt, dass Cooper nichts mit einer 18jährigen Schülerin anfangen würde. Das mag zwar ein -für eine nicht surreale Serie- schlüssiges Argument sein, aber die Charaktere hätten gut zusammengepasst und FBI-Agent/Schülerin wäre schon surreal-passend gewesen. Ende der zweiten Staffel fängt Cooper dann etwas mit einer 20jährigen Ex-Nonne an, das Alter war's also auch nicht. Außerdem sind die SchülerInnen in Twin Peaks keine SchülerInnen: Sie sind (fast) nie in der Schule, alle haben Jobs und nehmen an den Intrigen und Straftaten genauso teil wie alle anderen. Die SchauspielerInnen sind auch alle älter.

BOB or the Evil that men do: Als BOB das erste Mal manifest wird, rätseln sie noch, was er überhaupt ist. Jemand sagt eben, er sei bloß "the Evil that men do", und diese Lösung hätte mir auch besser gefallen, aber die Interpretation ist nicht durchzuhalten: Letztlich ist er doch nur eine demonic possession, die Leute erschrecken selbst vor dem was sie getan haben und sie tun es auch (fast) nie im Affekt oder aus Gelegenheit. Nicht zuletzt die ganze Black/White Lodge Geschichte wäre sonst (noch) sinnloser und auch das Ende, wo BOB dann eben von Cooper Besitz ergreift (oder er Coopers bösen Doppelgänger darstellt).

Ich versuch's kurz zusammenzufassen:
Man kommt also nach Twin Peaks. Alles ist nett, sehr ungewöhnlich zusammengesetzt, aber irgendwie passt es doch. Man geht ein bisschen herum, alles bleibt gleich. Man geht ein bisschen weiter, es tun sich Abgründe auf. Man zuckt mit den Schultern, tut so als will man weiter gehen, tritt aber willentlich auf der Stelle. Man sieht die selben Abgründe, zuckt nochmal mit den Schultern. Aus.
Ist vielleicht eine gute Metapher für das Leben, aber von einer Serie erwarte ich mir mehr.

Fire Walk with me:
Es gab dann ein Jahr später oder so einen Twin Peaks Film. Der ist laut Wiki eher schlecht weggekommen.
Meiner Meinung nach wohl deswegen, weil wenn Lynch schon nochmal nach Twin Peaks zurückkehrt, wieso macht er ein - letztlich unnötiges - Prequel, statt dass er die offensichtlich geplante dritte Staffel in einen Film quetscht für einen richtigen Abschluss?
Wieso ist das Prequel unnötig? Weil der Film im Grunde nur das darstellt, was sie in 1,5 Staffeln Twin Peaks rausfinden (plus ein paar sehr absurde Szenen, die sonst keine weitere Siginifikanz haben und die man auch in die kompirmierte 3. Staffel hätte tun können), eben was Laura Palmer so aufführt und was ihr angetan wird - bis zu ihrer Ermordung durch ihren vom Dämonen besessenen Vater. So gesehen ist die Moral, sie soll froh sein, dass man sie umgebracht hat, so ist sie dem Wahnsinn wenigstens entkommen.
Anzumerken ist ev doch, dass Laura im Film eigentlich durchgehend ein Opfer von BOB ist und wohl deswegen auf Drogen ist, während in der Serie der Eindruck entsteht, sie hätte es faustdick hinter den Ohren.

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Re: Fernseh(groß)ereignisse - Nachbesprechungen *Spoiler*

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Star Trek: Enterprise
Ein Nachruf
Why TV won't boldly go anywhere anymore

Star Trek Enterprise war eine Fernsehserie, die erstmalig 2001 bis 2005 im Fernsehen lief (dzt läuft es auf Tele5, glaube ich). Es war ein Prequel zu allen anderen Star Trek Serien (und Filmen), insbesondere Star Trek TOS (also die mit Shatner, Nimoy usw). Die Figuren testen/erfinden/verbessern/entwickeln viele Dinge, für die Star Trek typisch sind (und tw für das SciFi-Genre allgemein), wie Beamen, Universaltranslator, Schutzschilde, Warp-Antrieb, Tactical Alert, Phaser, Photonen-Torpedos, Prime Directive usw.

Noch zwei Vorbemerkungen: Zum ersten ist hier - wie immer in diesem Thread - alles voller Spoiler.
Zum anderen haben ich Voyager und DS 9 nur so weit gesehen, wie es der ORF gezeigt hat (also ca bis zur Mitte), daher beziehen sich Vergleiche nur auf jene Teile die ich gesehen habe.

Nach Star Trek Zero (das mir ja auch nicht so gefallen hat) hatte ich eigentlich mit Star Trek abgeschlossen, bis jemand in einem Politikwissenschaft-Seminar über Politik und SciFi Ausschnitte aus Enterprise gezeigt hat, und die eigentlich nicht so schlecht gewirkt haben (in Retrospektive: sehr gut ausgewählt waren). Also habe ich mir in den letzten Monaten die Serie am Stück - natürlich im englischen Original - angeschaut.

Grundsätzlich bin ich ja bei Prequels skeptisch, aber gerade bei einem so großen Universum wie Star Trek kann das ohne Weiteres funktionieren. Insofern ist es ironisch, als sie das Prequel-Konzept dahingehend verworfen haben, als all die oben erwähnten Star-Trek-typischen SciFi-Gimmicks relativ bald genauso funktionieren wie in TOS (mit Ausnahme des Warp-Antriebs, sie sind halt noch langsamer als die TOS-Enterprise, aber immer noch schneller als die meisten anderen).

Zur Crew:
Jonathan Archer
Am Anfang ist er noch naiv-idealistisch und benimmt sich die ganze Zeit wie ein Kind zum ersten Mal im technischen Museum "Das will ich mir anschauen, und das, und dann das" inklusive Trotzphasen "Ich will, ich will, ich will; und wenn's mir die bösen Vulkanier verbieten wollen, mach ich's erst recht". Relativ früh - und da noch ohne erkennbaren Grund - wird er zur lebenden Legende, auch wenn ihm das nicht (sehr) zu Kopf steigt.
In der 3. Staffel ist dann (siehe Handlungsstränge weiter unten) der große Persönlichkeitswandel: Da greift er dann schon zu Drohung, Folter und Piraterie, um seine (an sich legitimen) Interessen durchzusetzen. Mit der Selbstgerechtigkeit funktioniert es dann nicht mehr so. Auch wenn diese Änderung schon nachvollziehbar ist, macht er doch ein paar recht böse Dinge. Es gibt zwar etwas Reflektion darüber, aber imho viel zu wenig bzw in die Richtung "hat halt sein müssen". Insbesondere dann, als er schon der große Held ist und all die Bedrohungen vorbei, fehlt mir irgendwie der Moment, wo er sagt "Ok, ich habe zweimal die Welt gerettet, aber dabei habe ich gefoltert und geraubt - das müssen alle von mir wissen und mir tut's ur leid". Auch die Leute, die sie beraubt haben, und die jetzt jahrelang gestrandet sind, haben sie - nachdem sich alles in Wohlgefallen aufgelöst hat - nicht gerettet (es sei denn, das wurde nur ganz beiläufig erwähnt und gerade da habe ich nicht aufgepasst).
Scott Bakula war soweit ich das überblicke, der einzige Darsteller, der vorher und nachher einen gewissen Bekanntheitsgrad hatte.

T'Pol
T'Pol ist, das muss gesagt werden, die ärmste Sau an Bord der Enterprise (sozusagen der Spiderman von Star Trek): Am Anfang steckt man sie noch als einzige Vulkanierin auf ein Schiff von Menschen, zu einem Zeitpunkt wo sich Menschen und Vulkanier - im wahrsten Sinn des Wortes - nicht riechen könen und wo es ihr eigentlicher Job ist, alles zu kontrollieren. Das entspannt sich zwar etwas - nicht zuletzt weil sie sich assimiliert und sich ihre Loyalitäten verschieben. Dann wird sie Opfer einer telephatischen Vergewaltigung, bekommt so eine Art Vulkanier-Aids (wird aber viel später geheilt), wird drogenabhängig, verliert im weiteren Sinne 2 Kinder (das erste Kind ist aus einer alternativen Zukunft, und diese alternative Zukunft wird vernichtet, das zweite Kind ist gentechnisch erzeugt und stirbt wegen eines Klon-Fehlers), ihre Mutter wird in einem Bürgerkrieg auf ihrem Heimatplaneten umgebracht, bei diesem Bürgerkrieg zerfällt nicht nur ihre Heimatgesellschaft, sondern auch gleich die Religion dazu, sie muss einen Kerl heiraten, den sie nicht leiden kann (er stimmt aber später einer Trennung zu und ist jetzt nicht speziell böse) und der Kerl, den sie leiden kann, wird dann noch extra in der letzten Folge umgebracht (siehe gleich dazu Trip).
Jolene Blalock hat sich, zumindest laut Wikipedia, wiederholt relativ kritisch über die Details der Show geäußert.

Charles "Trip" Tucker III
Der für Star Trek typische Wunderkind-Ingenieur. Südstaatenaussprache, freimütig mit seiner Meinung, geradlinig, steht zu seinen Prinzipien, trauert ab der dritten Staffel um seine Schwester, steht - letztlich - auf T'Pol und opfert sich in der letzten Folge, um das Schiff zu retten. Ein solider Charakter, ohne Allüren.
Laut Wikipedia gibt es irgendein "Expanded Universe"- Buch, wo sich herausstellt, dass Trip doch überlebt hat und er mit T'Pol dann doch noch zwei Kinder hat.
Abgesehen von ein paar Folgen in Star Gate: Atlantis scheint auch Connor Trinneer nachher keine größere Rolle bekommen zu haben.

Malcolm Reed
Sozusagen der Quoten-Brite, der internationale "Man of Mystery". Über ihn kann man eigentlich nicht viel sagen, außer dass er etwas spießig wirkt (und wohl auch ist) und dass seine eigenen Eltern nicht mal wissen, was er gerne isst. Das man kaum was über ihn weiß, bleibt die ganze Serie so, und passt auch irgendwie. Da passt dann gut dazu, dass am Schluss noch raus kommt, dass er in irgendeiner Art Geheimdienst ist.
Lau Wikipedia war in Diskussion, dass er der erste offen schwule Star Trek Charakter sein könnte, wurde aber nix draus. (Ich glaube ja, Reboot-Kirk ist schwul).
Dominic Keating hatte immerhin vereinzelt etwas größere Rollen, und eine kleine in Buffy. Außerdem hat er etwas Voice Over gemacht.

Phlox
Das exzentrische Quoten-Alien. Im ganzen aber ein sehr gelungener Charakter, etwas zynisch, guter Arzt, starke Moral, ausgefallene Bräuche am Heimatplaneten, an Menschen und Religion interessiert. Verwendet gern lebende Viecher als Heilmittel, aber trotzdem nur gelegentlich ein comic relief-Charakter.
John Billingsley hat ihn gespielt, aber der Wiedererkennungswert nach der Rolle ist gering.

Hoshi Sato
Wenn man berücksichtigt, dass die Frau ein wandelnder Universaltranslator ist und Aliensprachen binnen weniger Stunden lernen kann, kommt in 4 Staffeln relativ wenig über sie raus. Es gibt in der ganzen Serie wenn ich mich richtig erinnere nur 2 Folgen, wo sie eine größere Rolle spielt; sie ist etwas mehr auf der ängstlichen Seite und zeigt keine besonderen Talente oder Interessen außer Sprachen. In der 4. Staffel sagt sie dann, sie hat einen schwarzen Gürtel in irgenwas (ziemliches Klischee, meiner Meinung nach) und ist bei Starfleet rausgeflogen, weil sie ein illegales Pokercasino betrieben hat. Irgendein Kritiker hat sie als "resident screamer" bezeichnet, was imho übertrieben ist, aber mehr kann man über sie nicht sagen.
Linda Park hat nachher ein paar längere Seriengastauftritte, und war erst 2001 überhaupt ins Schauspielgeschäft eingestiegen.

Travis Mayweather
Wer denkt, dass die Charaktere Reed und Hoshi stiefmütterlich behandelt wurden, hat wohl vergessen, dass es Travis auch noch gibt. Gegen ihn ist Harry Kim aus Voyager voller genau gezeichneter Persönlichkeit. Er ist nett, jung, attraktiv und sportlich. In einer Folge besucht er seine Familie auf deren Frachter. Das war's dann auch schon. Ein Charakter ohne Ecken, Kanten, viel Text oder Charakter. Wikipedia weist mich auf eine weitere Parallele zu Harry Kim hin: Er wurde öfter verletzt oder anscheinend umgebracht als die anderen Figuren.
Anthony Montgomery war schon über 30, als er die Rolle bekommen hat. Auch er hat nachher (noch) nicht sehr reüssiert.

Chef (Koch)
Der Koch (auf Englisch "Chef" genannt) wird in zumindest alle paar Folgen erwähnt, spielt in der Diplomatie sogar eine gewisse Rolle, sein Gesicht ist nie zu sehen und er hat keinen Namen.
Mir gefällt sowas, auch wenn's nicht die erste Serie war, die so einen Charakter hatte.

Die Handlungsstränge/Plot Arcs:
Am Anfang waren die Folgen noch sehr unambitioniert, unoriginell und geradezu fade (das ändert sich später auch nur teilweise). Daher mussten sie so viel Konflikt wie möglich aus der ganzen Vulkanier/Mensch-Situation pressen, wie's nur geht. Deswegen ist auch T'Pol beinahe die Böse am Anfang und die ganze erste Staffel sehr mau.
Dann kam der Temporal Cold War, als ein durchgehend diffus bleibender Zeitreise-Krieg in der Zukunft. Wikipedia schreibt, dass nicht nur ich, sondern auch die Seher im Allgemeinen das doof fanden.
Zeitreisen sind immer nur Faulheit der Autoren: Wieso machen/wissen sie das und das? Weil es ihnen wer aus der Zukunft gesagt hat! Auch mehrmals rettet sie die Zukunft vor dem sicheren Tod.
Zeitreise war leider als Deus ex machina sehr beliebt. Gerade bei Star Trek ist das unverständlich bzw unnötig, man hat ja eh "Subspace" und den "particle of the week".
Im Hinblick auf die Unbeliebtheit ist es unverständlich, dass die Zeitreisen immer wieder vorkommen, die Oberschurken zumeist entweder Zeitreisende sind oder von denen manipuliert werden und das ganze erst Anfang der 4. Staffel aufhört.

Aus dem Obigen ergibt sich, dass die Serie nur 2 weibliche Hauptrollen hat, von denen eine eher wenig charakterisiert wird. Die ersten 2 Staffeln eiern sie dann die ganze Zeit herum, wessen Romantic Interest die arme T'Pol nun werden soll - einige Autoren haben Archer bevorzugt, andere Trip, und Andeutungen Richtung Reed gab's auch. In der dritten Staffel haben sie sich dann auf Trip festgelegt (die klar beste Variante), und sind halt in dieses übliche Hin und Her (ja, nein, jetzt will er und sie nicht, jetzt anders rum usw), welches sie wohl noch mindestens 3 Staffeln strecken hätten können.

Wie schon erwähnt, fand ich den Vulkanier/Mensch-Konflikt anfangs sehr mühsam und gezwungen, später wird es aber besser, die ganze Reformation-Saga auf Vulkan ist eine gute Idee (nur leider relativ unspannend umgesetzt), auch die Sache mit dem Telepathen-"Aids" und dem zugehörigen Coming-Out fand ich sehr gut. Die angedeutete Intrige der Romulaner macht in Retrospektive viele Schwachsinnigkeiten verständlich, wird nur leider nicht ganz aufgelöst.
Internen Konflikt haben sie dann in der dritten Staffeln mit den Military Assault Command Operations (MACOs) an Bord geholt, so eine Art Elitetruppe, von deren Chef sich Reed permanent angepinkelt fühlt (und vice versa).

Die Idee 9/11 mit einem Terrorangriff auf die Erde zu verarbeiten fand ich sehr gut, das ganze hat auch starke Änderungen ab der 3. Staffel mit sich gebracht: mehr Gewalt, mehr externer Konflikt, ein klareres Ziel (nicht mehr einfach nur so rumfliegen im Weltall) - aber eben auch Folter und Piraterie (siehe oben bei Archer).
Den Turnaround fand ich auch sehr humanistisch-positiv, dramaturgisch halt eher mau. Aber das Problem zieht sich durch viele große Ideen in dieser Serie, sie sind oft sehr freudlos, uninspiriert oder einfach billig dargestellt.
In Folge kommt dann auch Rassismus gegen Außerirdische immer wieder vor, der dann in der 4. Staffel einen (vorläufigen?) Höhepunkt findet.

In a Mirror Darkly war eine Doppelfolge in der 4. Staffel. Sie spielt in einem Paralleluniversum, wo alle böse sind. Für die Folge haben sie sogar den Vorspann abgeändert, was ich einen sehr guten Einfall fand. Die Folge hat ihren Reiz nur deswegen, weil halt alle böse sind. Und sogar in der Folge kommen sie ohne Zeitreisen nicht aus, irgendwie kommen sie an ein Schwesterschiff der TOS-Enterprise, welches allen anderen der Ära überlegen ist und dann rufen sich einige zum Herrscher des Universums aus, nur um dann gleich einen Dolch in den Rücken zu bekommen. Die Darsteller von Hoshi und Travis haben sich sicherlich darüber gefreut, da sie so mehr schauspielerische Breite zeigen konnten, als den Rest der Serie. Abgesehen vom Retro-Charme (TOS-Uniformen, das Schwesterschiff schaut genauso aus wie die TOS-Enterprise, Shatner hätte einen Gastauftritt haben sollen etc), finde ich die Doppelfolge aber eine vergebene Chance: Sie war sicherlich wesentlich aufwändiger, als die anderen Folgen der 4. Staffel (es ging schon bergab und man hat ihnen das Budget gekürzt), aber sie wussten schon, dass die Serie eingestellt wird. Statt dass sie jetzt ein paar Handlungsstränge abschließen können (zB Romulaner) oder ein paar der besten Ideen aus der 5. Staffel umsetzen, haben sie halt so eine aufwändige Verlegenheitsdoppelfolge gemacht.

Der Tiefpunkt der Serie ist wohl die letzte Folge. Die Darsteller selbst haben nur schlechte Worte dafür gefunden. Es gibt zwar einen Gastauftritt von Riker und Troy aus TNG, aber das rettet auch nichts.
Die Folge handelt davon, dass die Enterprise nach 10 Jahren heimkehrt und die Charta der Föderation unterzeichnet werden soll. T'Pol und Trip haben sich getrennt (unklar wieso), sind aber trotzdem am selben Schiff die ganze Zeit, sonst scheint sich nichts Nennenswertes getan zu haben (ich hätte ja die Crew dauernd Andeutungen machen lassen, was sie nicht für großartige Abenteuer und weltbewegende Erlebnisse hatten). Dann gibt's eine Entführung und Trip stirbt, unnötig und gezwungen, vor allem im Vergleich was alle schon vorher (üb)erlebt haben. Aus. Kein Star Trek mehr im Fernsehen. Vielleicht nie wieder.

Sonstige Anmerkungen:
Immer wieder haben sie viel nackte Haut um des Zeigens von nackter Haut Willen gezeigt. Bei den Männern war's noch halbwegs dezent, die Jungs im Fitnesscenter bzw beim Sporteln. Aber diese gelegentlichen Besuche in der Quarantäne-Kammer, wo sie dann alle in Unterwäsche rumsitzen und sich mit irgendwas gegenseitig einschmieren - also bitte. Geht dezenter und weniger plakativ auch, wie dann Trip & T'Pol sich gegenseitig massiert haben.
In einer der Parallelwelten waren dann die Frauenuniformen bauchfrei - naja.
Also, wenn das die Quote gerettet hätte, meinetwegen. Aber hat ja nicht mal was geholfen. (Spricht allerdings für das Niveau des Star Trek Publikums).

Auch wenn es für Star Trek und das SciFi Genre sehr untypisch ist, fand ich das Titellied (mit Gesang) eigentlich eine gute Idee.

Continuity:
Sie haben sehr schön und konsequent versucht, diverse Brücken zu schlagen. Einerseits mit dem ganzen Technobabble von Beamen bis Warpen (siehe auch oben), aber auch zB dass sie eine Erklärung bringen, wieso die Klingonen bei TOS und TNG unterschiedlich aussehen, dass sie den Vorfahr von Datas Erbauer (dargestellt von Brent Spiner selbst) bringen, dass sie den Borgs begegnen, sie besiegen, aber ausrechnen, dass sie in X00 Jahren wiederkommen etc. Ich bin sicher, irgendwo sind Fehler drinnen, mir ist aber keiner erinnerlich.

Ein Nachruf
Star Trek Enterprise ist gescheitert. Es war zwar halbwegs solid, aber letztlich doch zu unambitioniert. Sie haben versucht auf Nummer sicher zu gehen, sind kaum Risiken eingegangen und haben dabei verkannt, dass genau das ein großes Risiko ist. Es fehlte eine große Vision, phasenweise fehlte auch die Intellektualität, die Actionszenen waren meistens mau - wieso schießt ein Soldat oder Sicherheitsmann mit einem Phaser (!) auf kurze Distanz schlechter als die Leute ein paar hundert Jahre vorher mit Projektilwaffen?
Aus welchen Gründen sie dann den Temporal Cold War nicht früher abgedreht haben, ist im Hinblick auf dessen berichtete Unbeliebtheit etwas unklar, aber vermutlich haben sie einfach nicht auf die Zuseher gehört (oder es ist ihnen nichts Besseres eingefallen - schien im Laufe der Serie öfter vorzukommen).
Versuche diverser Fanclubs, eine 5. Staffel zu motivieren, sind gescheitert.
Die erste Star Trek Serie, die nur 4 Staffeln durchgehalten hat (von der Zeichentrickserie abgesehen).

Mit Enterprise ist aber Star Trek im Fernsehen gescheitert - die (imho: schlechten) Relaunches haben das Franchise wieder ins Kino zementiert und einen neuen Ton angeschlagen, der im Fernsehen nicht (kostendeckend) produziert werden kann.
Es tut mir sehr leid darum, nicht nur weil TNG (und TOS) stellenweise wirklich gut war (und der Relaunch imho schlecht), sondern weil ich damit für die nähere Zukunft keine Chance für eine gehobene SciFi-Serie im Fernsehen sehe.

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dejost
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The Man in the High Castle - Staffel 1, Amazon

Post by dejost »

The Man in the High Castle
Staffel 1 (10 Folgen), produziert und 2015 ausgestrahlt von Amazon

Titel, einige grundlegende Ideen und ein paar der Figuren entstammen dem gleichnamigen Buch von P.K. Dick (meine Kritik zum Buch findet sich hier).
Übernommen wurde die Idee, dass Nazi-Deutschland und Japan den zweiten Weltkrieg gewonnen haben und sich auf dem Gebiet der USA ausgebreitet haben, und einige der Figuren.
Da es eine Serie ist, wurden auch zahlreiche Figuren dazuerfunden.
Völlig neu und ohne Vorbild im Buch sind inbesondere der gesamte Widerstand und der SS Obergruppenführer John Smith, der ursprünglich ein Amerikaner ist und sich halt irgendwann den Nazis angeschlossen hat und jetzt gemütlich in Suburbia lebt.
So wie im Buch haben die verschiedenen Charaktere unterschiedliche Handlungsstränge, die sich in der Serie viel mehr überlappen als im Buch.

Im Buch gibt es ein Buch im Buch (dessen Sinn und Funktion bis zum Schluss unklar bleibt), in der Serie gibt es stattdessen Filmrollen, was ich eine gelungene Medien-Adaption fand. Sinn und Funktion bleiben auch hier offen, werden aber wohl in der zweiten Staffel (oder der dritten...) aufgelöst.

Die Serie fängt sehr gut an, verliert sich dann aber sehr schnell in sehr viel Ereignislosigkeit. Ähnlich wie das Buch gibt es auch kein Ende und keine Auflösung, aber dafür 2016 noch eine zweite Staffel.

In der Serie sind die Japaner böser als die Nazis und böser als im Buch. ZB vergasen nur die Japaner während der Serie Juden, und dabei sogar Kinder. Ob es so wie im Buch beiläufige Erwähnungen der Naziverbrechen in Afrika und Asien gibt, kann ich mich nicht erinnern.

Was ich auch nicht verstehe ist, dass die Deutschen in der Serie nicht deutsch können. John Smith ist das zu verzeihen, der ist ja kein Deutscher, sondern nur ein Nazi. Hitler wird immerhin von einem deutschen Schauspieler dargestellt. Aber die anderen - peinlich. Dem Autor Dick, der allein in den 1960ern ein Buch geschrieben hat, kann ich verzeihen, dass er das mit Grammatik und Umlaut-Strichen nicht schafft. Aber bei einer Serie 2015 mit dem Budget - sollen die Nazis halt alle Amerikanisch sprechen, wenn sie es nicht hinkriegen. Oder sich auf "Halt, Schutzstaffel" beschränken.

Noch am ehesten dem Buch entspricht Robert Childan, der in der Serie aber eher eine Nebenfigur ist. Die Weissagerei spielt auch eine kleinere Rolle.

TLDR
Fängt sehr gut an, lässt aber sehr schnell sehr stark nach und versumpft nach wenigen Folgen in Ereignislosigkeit und Prokrastination. Dafür hört es dann auch einfach auf. Und die Nazis können mal wieder kein richtiges Deutsch.

Juli
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Re: Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by Juli »

Hab entdeckt, dass es eine Fortsetzung von Heroes gibt. Hat sich jemand die Staffel angesehen?

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dejost
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Re: Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by dejost »

Ich fand die erste Staffel Heroes super, die folgenden aber wesentlich weniger. Auf die neue habe ich daher (bis jetzt) verzichtet.
Außerdem habe ich jetzt vor kurzem die ersten paar Folgen Supergirl gesehen, und auch das hat mich nicht sehr überzeugt. das superheldenthema ist jetzt mal völlig ausgelutscht. vielleicht kommt irgendwann, irgendwo, irgendwer auf eine gute neue idee, aber das ist es nicht. auch das genderthema ist - leider - immer noch aktuell, aber wenn man sich dran abarbeiten will, dann braucht's auch irgendwas, was wir nicht schon 10 mal gesehen haben.
Zumindest für's erste nehme ich mal von Superhelden-Serien Abstand. Heroes zählt da auch dazu.
Juli wrote:Hab entdeckt, dass es eine Fortsetzung von Heroes gibt. Hat sich jemand die Staffel angesehen?

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AnnaM
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Re: Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by AnnaM »

Ich habe jetzt mit der vierten Staffel von Orange ist the new Black angefangen. Hat leider auch etwas nachgelassen, was die Story betrifft, aber das hatte sich ja schon in der letzten Staffel angedeutet. Die Charaktere sind mir allerdings ans Herz gewachsen, deswegen schaue ich die Serie weiter. Es ist leider wirklich so, dass selbst gute Serienideen irgendwann ausgelutscht sind.

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Re: Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by Nena36 »

AnnaM wrote:Ich habe jetzt mit der vierten Staffel von Orange ist the new Black angefangen. Hat leider auch etwas nachgelassen, was die Story betrifft, aber das hatte sich ja schon in der letzten Staffel angedeutet. Die Charaktere sind mir allerdings ans Herz gewachsen, deswegen schaue ich die Serie weiter. Es ist leider wirklich so, dass selbst gute Serienideen irgendwann ausgelutscht sind.
Ich fand die ersten Folgen von der virten Staffel auch nicht sonderlich, aber zum Ende hin war es nochmal spannend! Die verschiedenen Charaktere sind echt das beste an der Serie, man fühlt richtig mit. Fand aber auch gut, dass in der Staffel der Fokus nich nur auf Piper lag. :)

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Star Trek: Discovery: Season 1 - Ein Lamento

Post by dejost »

Star Trek: Discovery
Season 1 - Ein Lamento
To boldly go where videostreaming is going every day

Vor noch nicht ganz 5 Jahren habe ich einen sehr ausführlichen Nachruf auf die Serie Star Trek Enterprise geschrieben. Die Serie war damals auch schon über 10 Jahre alt.
Damals vermutete ich, auch wegen der Filme, dass es so bald (oder vielleicht nie mehr - da lag ich klar falsch) kein Star Trek mehr im Fernsehen geben würde.
Einige Jahre später hat sich die Fernsehlandschaft auch durch Videostreaming-Angebote wie Netflix, Amazon Prime usw sehr verändert, einer der Mitgründe, wieso es diese Serie geben kann.

Ich habe angefangen, diese Kritik zu schreiben, eben weil ich zu Enterprise auch schon eine geschrieben habe, sie ist aber halb fertig geblieben - jetzt kann ich mich nicht mehr genau an die Serie erinnern, drum hat sie einige Lücken.

Letzte Warnung: Ab hier wird so ungefähr alles gespoilert.

Die (bisher einzige) Staffel hat 15 Folgen - am Anfang fand ich sie gut, dann zwar schlecht, aber sie gefiel mir trotzdem (manchmal gefallen einem schlechte Sachen ja viel mehr, vgl hier), mit dem Paralleluniversum habe ich nur mehr weitergeschaut, weil mir nur mehr wenige Folgen fehlten, das Ende hat dann noch zumindest etwas die Kurve bekommen.

Continuity:
Da werfe ich das Handtuch. Ich habe keine Ahnung, was das für eine Continuity sein soll. Die Original? Wieso schauen dann die Klingonen anders aus als bei Enterprise, TOS und TNG? Und wieso hat Spock nie erwähnt, dass er eine Schwester hat (aber hat er Sybok vor Star Trek V je erwähnt?)? Oder die der neuen Filme? Aber weicht die nicht erst später ab?
Also wie gesagt, keine Ahnung. Wahrscheinlich alles neu, weil Retconning.
Und irgendwie ist es doch wieder ein Prequel, weil es ja vor TOS spielt. Wahrscheinlich.

Zur Crew:
Die bisherigen Star Trek Serien hatten ja zumeist ein starkes Ensemble, oder zumindest einige gleich wichtige Hauptcharaktere. Davon ist man hier jetzt abgegangen.

Michael Burnham
ist klar und zweifellos die Hauptfigur, aus deren Sicht (fast) alles erzählt wird. Sie ist auch, noch eine Neuigkeit, keine Kapitänin, dafür eine Meutererin (heißt das überhaupt so auf deutsch? Fürchterliches Wort).
Sie ist gleichzeitig die Quoten-Vulkanierin - zwar ist sie keine, aber sie wurde von Sarek als Vulkanierin aufgezogen, und ist damit - so wie alle bisherigen Star-Trek-Vulkanier zwischen ihrer menschlichen und vulkanischen Seite hin- und hergerissen. Bis sie dann noch mehr Probleme bekommt, die das überlagern.
Bei ihr kommt auch das Thema "Bildungsroman" etwas durch - sie wird sozusagen zu einer Meisterin der Idee von Starfleet

Der männliche Name für die weibliche Figur scheint ein Running Gag von einem der Autoren zu sein.

Die Darstellerin Sonequa Martin-Green wurde für ihre schauspielerische Leistung sehr gelobt.

Die Standins

Saru
So aus Quotengründen braucht es immer eine ganz neue Spezies und ein ganz wenig menschenähnliches Alien. Gespielt von Doug Jones (der auch sonst solche Rollen spielt, zB Abe Sapien in Hellboy), erfüllt er alle Vorgaben, ohne irgendwie in Klischees abzugleiten. Alles in allem einer der gelungensten Charaktere der Serie, weil er nicht so übertrieben/übersteigert ist wie die Kapitäne oder Burnham.

Paul Stamets
Der etwas obesssive Super-Wissenschaflter/Ingenieur, ein bisschen ein Klischee, was Übertalentiertheit udgl anbelangt, aber auch gelungen.

Cadet Tilly
Es ist gute Star Trek Tradition, auch wenn am ganz anderen Ende der Karrieleiter einzubauen (wobei hier ja die Hauptfigur dort auch endet bzw anfängt). Sonst ist sie hart an der Grenze eines reinen comic relief Characters.

Voc, Ash Tyler und Cpt Lorca:
siehe gleich weiter unten bei Plot Arcs

Die Redshirts
In TOS gab es immer wieder namenlose Crew-Mitglieder, die nur da waren, damit sie umgebracht werden.
In dieser Serie gibt es auch einige Charakter, die nur da sind, damit sie umgebracht werden:
die "gute" Philippa Georgiou, T'Kuvma: Erinnert mich daran, dass in Märchen immer die Eltern sterben.
Landry: Die generische Sicherheitsoffizierin, die einmal als gute und einmal als böse Version stirbt.
Hugh Culber: Der gute Arzt und Ehemann, dessen Tod überraschend wenig nahe geht und der dafür noch mal als Force Ghost übernatürlicher Ratschlaggeber zurückkommt


Die Handlungsstränge/Plot Arcs:
Bei Enterprise habe ich weiter oben gejammert, sie hätten sich nichts getraut und wären kein Risiko eingegangen.
Hier haben sie jede, noch so absurde Idee einfach genommen:
der Kapitän ist ein böser Doppelgänger aus der Parallelwelt? Machen wir.
Die Sporen nutzen wir zum Reisen, in dem sich Stamets DNA von einem Riesenbärentierchen iniziiert, das wir nur an Bord haben, weil der Kapitän glaubt, es frisst Klingongen? Aber sicher.
Der Klingone lässt sich zum Menschen umoperieren, so dass es keiner merkt, aber er bekommt auch noch eine Persönlichkeit drüber gestülpt, so dass er selber nicht mal mehr weiß, dass er kein Mensch ist und verliebt sich in die Hauptfigur, während seine Freundin, die das alles natürlich weiß, zuschaut? Gerne.
Die Hauptfigur hat ihren Platz auf der Brücke nur, weil der böse Doppelgängerkapitän die Kaiserin der Parallelwelt stürzen will, und das plant er Jahre im Voraus, weil die Hauptfigur die Doppelgängerin der Adpotivtochter der Parallelwelt-Kaiserin ist und er nur so nahe genug an die ran kommt? Klar doch.
Die böse Kaiserin der Parallelwelt herrscht wohl über Billionen Menschen und zigtausende Planeten, aber fliegt selber auf einem Riesenschiff herum, wo sie einen Haufen ihrer Feinde gefangen hält, die mit ein bisschen Giftgas (wo immer das auch herkam) gleich alle ihre Leibwächter usw ausschalten können, sodass sie sich persönlich direkt über einem Loch in ihrem Schiff mit ihrem Erzfeind prügeln muss? Und die Föderation installiert bei den Klingonen eine neue Herrscherin, indem man ihr einfach mal so eine Massenvernichtungswaffe in die Hand gibt? So machen wir das FInale.

Sonstiges
Eine schwarze Hauptfigur, eine Kapitänin aus Malaysia, auch noch mit Akzent, ein gemischt-ethnisches schwules Paar.
Die Nazis und Alt-Rights und derartige Rassisten und Frauenhasser haben natürlich geschäumt. Mir fehlen die Worte auszudrücken, wie albern das ist, sich über Geschlecht, Hautfarbe usw von fiktiven Charakteren aufzuregen, weil diese nicht wie sonst unterrpräsentiert sind.
Die etwas erratische Handlungsführung (siehe oben) soll auch daran liegen, dass die Showrunner öfter gewechselt haben, und so hat man dann versucht alles noch mit Staffel 1 abzuschließen, damit man dann Staffel 2 ohne alten Ballast machen kann.

Ein Lamento
Tja, vor allem das Schlusswort habe ich nie geschrieben. Genau kann ich mich nicht erinnern. Die Serie war schon dramaturgisch gut, aber eigentlich war sie nicht Star Trek - klar, man hat die Rassen, Technobabble und Raumschiffe usw aus Star Trek - und ja, die dämliche Paralledimension gab es auch schon in anderen Serien (aber soweit ich mich erinnern kann nie als derart zentrales Element), aber das ganze hat schon so eine typische Serien-Blockbuster-Dramaturgie und -Handlung mit alle paar Folgen einen argen Plottwist nur um des Plottwist willen, viel Emotion und Tod und Gewalt - aber immerhin weniger nackte Haut als bei Enterprise.
Eine zweite Staffel soll kommen -mal sehen ob die besser oder schlechter wird. Ich bin mal skeptisch. Und Enterprise hat nur 4 Staffeln durchgehalten - und die Staffeln waren länger als die hier.

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großkariert
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Re: Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by großkariert »

Von Star Trek mochte ich die Serie Raumschiff Enterprise sehr gerne. Und auch die Filme haben mir größtenteils gut gefallen. An die neue Serie habe ich mich bislang nicht herangewagt, da ich eher die Befürchtung hatte enttäuscht zu werden. Würdest du empfehlen der Serie eine Chance zu geben?

Die letzte Serie, die ich kürzlich geschaut habe, war Westworld. Die Machart sagt mir richtig zu und es ist, meiner Einschätzung nach, meistens ein Genuss zuzuschauen. Bei manchen Logiklöchern muss man aber schon hin und wieder ein Auge zukneifen. Bin aber schon gespannt, wie es in der nächsten Staffel weitergehen wird!

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Re: Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by dejost »

großkariert wrote:
18 Sep 2018, 20:54
Von Star Trek mochte ich die Serie Raumschiff Enterprise sehr gerne. Und auch die Filme haben mir größtenteils gut gefallen. An die neue Serie habe ich mich bislang nicht herangewagt, da ich eher die Befürchtung hatte enttäuscht zu werden. Würdest du empfehlen der Serie eine Chance zu geben?
Die neue StarTrek-Serie ist schon sehr anders als die bisherigen.
Aber ich würde sagen, wenn Dir die letzten 3 Filme (Star Trek, Into Darkness, Beyond)zumindest gleich gut gefallen haben wie die bisherigen (die mit Shatner und Picard), dann würde ich der Serie jedenfalls eine Chance geben, weil sie sich viel mehr an diesen orientiert als an den alten Serien.
Ich habe Lost nie gesehen, aber wenn Du mit den letzten Staffeln und Plottwists dort zufrieden warst, dann würde ich Star Trek Discovery ebenso eine Chance geben.

Sonst eher nur dann, wenn Du viel Zeit zum Fernsehen hast oder Dir die sonstigen Serien ausgehen - die Serie ist zwar daramaturgisch sehr gut gemacht, hält einen mit schneller Entwickungen, dauernden Twists, Cliffhangern etc bei der Stange, bei Licht besehen sind es aber viel zu oft Logiklöcher, bei denen man auch mal beide Auge fest zukneifen muss.

Wenn Du nach der ersten Folge noch an der Kippe bist, dann der Hinweis: Es wird alles noch viel ärger, abstruser und komplizierter.
Die letzte Serie, die ich kürzlich geschaut habe, war Westworld. Die Machart sagt mir richtig zu und es ist, meiner Einschätzung nach, meistens ein Genuss zuzuschauen. Bei manchen Logiklöchern muss man aber schon hin und wieder ein Auge zukneifen. Bin aber schon gespannt, wie es in der nächsten Staffel weitergehen wird!
Leider bin ich noch nicht dazu gekommen, diese Serie anzuschauen. Werde ich aber jedenfalls nachholen!

Habe auch noch immer nicht die 3. Staffel von Broadchurch angeschaut - zum einen wegen Zeit, zum anderen aus Sorge, dass sie schlecht ist...

gaudi
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Re: Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by gaudi »

Ich muss ja gestehen, dass ich in letzter Zeit nicht sooft zum Serien schauen gekommen bin und daher habe ich es bei wenigen Serien belassen. Aber von Broadchurch höre ich zugegebenermaßen zum ersten Mal. Kann man sich das irgendwo auch auf Deutsch ansehen? (also natürlich auch die ersten Staffeln)

Netflix-Shill

Re: Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by Netflix-Shill »

gaudi wrote:
24 Sep 2018, 00:50
Ich muss ja gestehen, dass ich in letzter Zeit nicht sooft zum Serien schauen gekommen bin und daher habe ich es bei wenigen Serien belassen. Aber von Broadchurch höre ich zugegebenermaßen zum ersten Mal. Kann man sich das irgendwo auch auf Deutsch ansehen? (also natürlich auch die ersten Staffeln)
Netflix hat es auf Englisch oder Deutsch, und auch mit deutschen Untertiteln. Alle 3 Staffeln.

gaudi
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Re: Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by gaudi »

Vielen Dank für die Antwort! Ich muss leider gestehen, dass ich trotz App auf dem Smartphone noch keine Netflix-Account habe, aber ich hatte bereits überlegt, dieses Manko nachzuholen. Jetzt habe ich einen guten Grund mehr und die Tatsache, dass es die Serie auch auf Deutsch gibt, ist für mich umso besser. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag!

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Re: Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by jellyfish »

Ah Broadchurch steht auch schon ganz lange auf meiner Liste, danke für die Erinnerung!! Ich habe jetzt die Serie "The Fall" zu Ende geschaut, die ist auch Krimi, aber ich würde sagen ebenso Thriller und mich hat sie sehr gefesselt, ich fand sie sehr spannend. Also ich denke für Fans von britischen Krimiserien zu empfehlen:) Hat die noch jemand gesehen und wenn ja was sagt ihr dazu?
"Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt" Die Verwandlung; Franz Kafka

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Squid Game (Season 1) - ich verstehe den Hype nicht

Post by dejost »

Squid Game ist eine koreanische Serie, die unverhältnismäßig erfolgreich ist und (aus mir weiterhin unverständlichen Gründen) Netflix noch erfolgreicher macht und weltweit einschlägt.

Spoilerwarnung: Ich versuche allgemein zu bleiben, aber ein paar Spoiler sind unvermeidbar.

Kurz zusammengefasst, spielen verschuldete, schwerkranke oder sonstwie verzweifelte Erwachsene Kinderspiele, um reich zu werden, und wenn sie verlieren, werden sie abgeknallt.
Mehr ist nicht dahinter.
Es ist vielmehr geradezu formulaisch aufgebaut, überraschende Wendungen gibt es nur als Pflichtschuld, das Ende kann jeder nach der 2. Folge eigentlich schon vorhersehen, die Möglichkeit einer 2. Staffel wird trotzdem offen gelassen.

Weder ist die Thematik sehr neu (Gladiatorenkämpfe, in den 1980ern gab es zumindest 2 Filme über tödliche Gameshows, rezent ist vor allem Hunger Games erinnerlich, und es gibt zumindest einen recht brutalen japanischen Battle Royale Film und Mangas mit ähnlichen Thema habe ich auch irgendwo erwähnt gesehen), noch wird das ganze sehr ausgefallen abgehandelt. Die Formensprache ist passend, aber nicht sehr bahnbrechend (und verwendet die Playstation-Symbole, außer dem X). Brutale Sachen gibt es genug zum Anschauen, das ist nicht neu. Netflix hat auch schon länger diverse koreanische Serien im Angebot, und abgesehen vom titelgebenden Tintenfisch-Spiel und den Zuckerfiguren ist auch kaum was typisch koreanisch (falls die es überhaupt sind), abgesehen davon dass Korea ein ziemliches Problem mit der Privatverschuldung haben soll, aber das könnte man über die USA auch sagen.
Die Syncro ist soweit ich das beurteilen kann schlecht (habe es auf Deutsch mit englischen Untertiteln angesehen, und allein die Unterschiede zwischen den beiden sind befremdlich), daher kann ich die schauspielerische Leistung nicht gut beurteilen, sie ist wohl großteils ziemlich gut, aber auch nicht gleich preisverdächtig.
Irgendeine Meta-Ebene sehe ich auch nicht drinnen, obwohl man da doch alles mögliche reintun hätte können: Kritik am Kapitalismus, an der Entmenschlichung durch die Unterhaltungsindustrie, fehlende Solidarität uvm.
Laut dem Macher und laut einigen Kritiken ist es aber genau das: "experiences and observations of capitalism and economic class struggles". Geschenkt, wenn arme Leute leiden für Geld, reicht das wohl schon. Die Armen sterben für die Unterhaltung der Reichen. Ja, eh, aber viel generischer kann man Kapitalismuskritik nicht machen. Da ist ja jedes Medium, in dem Arme schuften, Kapitalismuskritik. (Wenn ich das Argument ins Lächerliche ziehen wollen würde, könnte ich ergänzen - einige Leute stürzen zu Tode, das ist ja auch keine Schwerkraftkritik.)
Lediglich einem Standard-Artikel habe ich entnommen, dass es in Korea mit der Idol-Industrie ähnlich zugeht, da sammelt man auch dutzende ein, kaut sie durch, speit sie aus und am Schluss werden ein paar einzelne erfolgreich. Was das mit dem Erfolg der Serie zu tun hat, weiß ich aber auch nicht. (Es ist ein gewisser Treppenwitz, dass viele der Darsteller so einem Idol-Prozess entstammen).

Kurzum, keine Ahnung warum diese Serie erfolgreicher ist als zig andere.

Wie gesagt, die Serie ist nicht schlecht, aber auch nicht sehr gut oder originell.

Einer der schlechten Aspekte ist, dass die meisten Charaktere, die wir näher kennen lernen stehen schon mit mindestens einem Bein fest im Kriminal, die meisten anderen TeilnehmerInnen (es sind 456) sollen laut Äußerungen in der Serie schwer krank sein. Die Kranken können aber trotzdem teilweise recht fordernde Kinderspiele spielen, und nur ganz wenige sind tatsächlich so verzweifelt (oder suizidal), dass es irgendwie nachvollziehbar ist, geschweige denn vernünftig, den Tod zu riskieren. (456 ist ein Spieler, der ist gewohnt sich selbst über Wahrscheinlichkeiten in den Sack zu lügen.)
Es wird zwar sehr bemüht versucht, die einen als gut, die anderen als schlecht darzustellen - das funktioniert bestenfalls teilweise. Einer soll sozusagen den Abstieg verkörpern (der auch die größte Fallhöhe hat, weil irgendein Wirtschaftswunderwuzzi), der andere den Aufstieg. Trotzdem haben sie sich alle freiwillig dazu entschieden, mitzumachen, und als es 10 gegen 10 und 1 gegen 1 ging, haben sie mit allen zulässigen Mitteln versucht, die anderen zu besiegen, was deren Tod bedeutet hat. Der einzige Unterschied, der eine schafft es (fast 1:1 abgekupfert von The Sting/Der Clou übrigens), der andere scheitert. Und einer bringt dann ganz am Schluss noch eine wehrlose Person um, das eher unnötig, iSv es macht für den Plot nicht wirklich Sinn und ist offensichtlich nur dazu da, irgendwie zu bestätigen, dass er tatsächlich sein Abstieg schlimmer ist als der von allen anderen, die noch nicht tot sind.
Manche Tode werden als besonders heroisch oder sonstwie verklärt, aber letztlich werden fast alle irgendwie umgebracht im Laufe des Spiels, an dem sie freiwillig mitmachen. Ob sie jetzt zu schwülstiger Musik erschossen werden ohne das Blut fließt, gemeinsam wo runterfallen, oder einfach nur als Extras zu mehrt mit Blutfontänen im Vorbeigehen abgeballert werden.

Das bringt mich gleich zur (auch hier notwendigen) suspension of disbelief: Schafft man es, über 400 Leute zu finden, die so verzweifelt sind, dabei mitzumachen? Wahrscheinlich. Dass über 200 freiwillig weitermachen, obwohl schon die anderen Hälfte vor ihren Augen umgebracht wurde? Siehe oben, die Ausweglosigkeit, Todessehnsucht oder Realitätsverweigerung war nur für einige Charaktere glaubhaft.
Und dann muss man noch dutzende Handlanger finden, die wochenlang in einer Zelle leben, Tag und Nacht überwacht werden, jeglichen Befehlen gehorchen, Leichen wegräumen, Blut wegwischen und einfach so Leute, die um ihr Leben betteln, aus nächster Nähe abknallen ohne nur einen Moment zu zögern, weil ihnen ein Keks runtergefallen ist.

Es gab sehr viele sehr lobende Kritiken, denen ich mich nicht anschließen kann - die Serie ist gut, zweifelsohne, aber das übermäßige Lob ist nicht überzeugend. Die Lobpreise wollen irgendeinen tiefschürfenderen Sozialkommentar darin erblicken. Darin dass die Armen willentlich und wissentlich Beteiligte ihrer eigenen Unterdrückung sind? Vielleicht hat das irgendwer anderer schon explizit angesprochen, aber das ist das einzig Tiefsinnigere, welches ich dem ganzen entnehmen kann.
Die New York Times trifft es meiner Meinung nach besser:
"pretense of contemporary social relevance" & "shallow assemblages of family and battlefield clichés"

Resümee: Die Serie war schon ok, aber nicht mehr, und den Hype kann ich mir nicht erklären.

edit: Ganz vergessen: Der Donauwalzer und Fly me to the moon (= in other words) sind mir nach der Hälfte schon auf den Nerv gegangen, so oft wurden sie angespielt.

Nachtrag:
Um fair zu sein, folgende Kapitalismuskritik kann man schon finden, ohne sie erst unterschieben zu müssen:
Die Armen, Verzweifelten, Vulnerablen (bei den wenigsten ist erkennbar, wieso deren schlechte Situation etwas mit Kapitalismus zu tun hat, aber es ist vertretbar), schuften, leiden und letztlich sterben für das Amüsement der Reichen (die sind immerhin schön international dargestellt: Chinesen, Amerikaner etc; das "Spiel" wird auch regelmäßig andernorts durchgeführt). Soweit so deskriptiv, das ist noch nicht mal Klassenkampf.
Die Armen sind wissentlich und willentlich dabei. (Spätestens) ab Folge 2 ist ihnen alles klar, nicht bloß dass nur einer überleben wird. Trotzdem entscheiden sie sich aktiv, ohne Täuschung oder Zwang dafür - graben sich also fast schon wortwörtlich auf bloße Anregung hin ihr eigenes Grab. Wohl weil sie dem Sirenengesang des Kapitals aufsitzen "Jeder könnte es schaffen." JedeR, aber eben nicht alle ((c) Volker Pispers). Dabei hätten sie es in der Hand regelmäßig (man vergleiche Legislaturperioden) das ganze Schauspiel (!) zu beenden, und wären genauso arm, krank und verzweifelt wie vorher, aber immerhin nicht tot.

Nachtrag 2:
Die Fuzo berichtet von einer nordkoreanischen Kritik, die auch nicht gänzlich von der Hand zu weisen ist:
Weiter heißt es, die Show würde den Zuschauer*innen die „traurige Realität einer bestialischen südkoreanischen Gesellschaft“ darlegen, in welcher die Menschen in großen Schulden leben und sich extremen Wettkämpfen stellen müssten. Auch steht geschrieben, dass im südlichen Nachbarland ein ungleiches Gesellschaftssystem herrsche, in dem Menschen wie Schachfiguren behandelt würden. Die Menschlichkeit sei in Südkorea bereits ausgelöscht, heißt es im Propagandabericht ohne Autor*innenname.
Laut Fuzo sei
Dem Regisseur zufolge [...] Squid Game als Metapher für die moderne kapitalistische Gesellschaft zu betrachten, wie er in einem Interview mitteilte.
Das deckt sich mit der nordkoreanischen Kritik.

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Re: Fernseh(groß)ereignisse und (sonstige) Serien - Nachbesprechungen & Kritiken *Spoiler*

Post by dejost »

The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window (2022)
8 Folgen, eine Staffel (etwa 4h in Summe), Netflix

Wie der Titel schon naheliegt, will die Serie so eine Art Dark Comedy und Thriller-Parodie sein. Problem ist nur, es gelingt ihr nicht, aber es gelingt ihr auch nicht, was anderes zu sein.

Kurz zum Inhalt: Die Serie ist ein Star-Vehikel für Kristen Bell, die geschätzt 80% der gesamten Zeit zu sehen ist. Sie spielt eine traumatisierte Malerin, die trinkt, Medikamente nimmt, Angst vor Regen hat (was nie Sinn ergibt), manchmal halluziniert und einen Mord im Haus gegenüber beobachtet. Das allein zeigt schon, dass die Serie einen Haufen dieser "klassischen" Thriller-Themen hat: Das junge Paar, das alte Witwer abzockt, die Frau die unter mysteriösen Umständen in einem See ertrunken ist bzw von einem Leuchtturm gefallen ist usw. Weder die Dichte noch die Häufigkeit noch die Abwicklung dieser Dinge ist weder besonders abstrus, lustig und auch sonst meistens eher mau.
Besonders vergeigt ist der Grund für das Trauma: Ihre 9jährige Tochter ist verstorben (und bei jeder Einstellung steht etwas anderers auf ihrem Grabstein), und zwar hat ihr Mann, der beim FBI ist und auf Serienmörder spezialisiert ist, sie am "Take you daughter to work day" zur Arbeit mitgenommen, wo sie versehentlich allein mit einem serienmordenden Kannibalen gelassen wurde. Von der Auflösung abgesehen ist das das absurdeste und unsinnigste in der ganzen Serie, wird aber völlig ernst und unironisch abgehandelt.
Am Anfang spielt die Serie noch etwas damit, was ist echt und was bildet sie sich ein (ua hatte ich beim ersten Mal der Kannibalengeschichte noch den Eindruck, dass sie nicht stimmt und sie das nur erfunden hat), aber es zeigt sich rasch, auch hier ist nichts subtil, originell oder meta - was eingebildet ist, wird immer sehr schnell klar.
Achja, die Lösung ist immerhin originell, aber unschlüssig - der eine Mord soll spontan sein, wieso hat sie dann die Tatwaffe vorher besorgt bzw wenn sie sie nachher besorgt hat, wieso hält die Polzei sie dann für die Tatwaffe? Vor allem aber: Mag schon sein, dass niemand sonst den Mord mitbekommen hat, aber wie soll diese Blutmenge, die wohl im halben Haus verteilt war, während jemand anderer unter der Dusche war, entfernt worden sein? Ganz zu schweigen von der Leiche.
Chitra Ramaswamy, writing for The Guardian, gave the series two stars out of a possible five, criticizing the tonal confusion as "ludicrous at best and at worst disturbing" and summarizing it as "not amusing, just awful".
In den besten Momenten albern, in den schlechten auf Schlock-Niveau verstörend und ohne roten Faden.
Immerhin ist die Serie kurz, dh bevor Langweile auftaucht, kommt schon das nächste halbherzig abgehandlete Thriller-Thema daher.

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