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Politik-Emails als Kunst

Posted: 28 May 2009, 12:56
by dejost
Das ist hier mal wieder so ein Grenzfall zwischen Politik, Wahlwerbung, Kunst und Satire. Weil im Kulturbereich so wenig los ist, kommt es also hier rein.

derstandard.at
"Wir machen hier keinen Wahlkampf, sondern eine Literaturveranstaltung", sagt der Grüne Peter Pilz mit verschmitztem Grinsen. Der Autor, dem an diesem Abend im Badeschiff am Wiener Donaukanal gehuldigt wird, ist Ernst Strasser, früher Innenminister, heute EU-Spitzenkandidat
Aus verständlichen Gründen kommt Strasser nicht vorbei. "Ich gehe davon aus, dass er die Texte kennt"
Für das Spektakel hat er zwei prominente Vorleser gewonnen: Schauspieler Erwin Steinhauer und Herwig Haidinger, bis zum Vorjahr Direktor des Bundeskriminalamts (BKA). Steinhauer liest Strassers E-Mails, Haidinger trägt den Part der Kabinettsmitarbeiter des Innenministeriums vor.
"Schaust dich um für den Mann, was für ihn geeignet ist", liest Haidinger etwa vor. Oder auch: „Er ist seit 1991 als Gemeinderat in sehr offener Form für unsere Gesinnungsgemeinschaft tätig und hat unverzichtbare Arbeit geleistet."
Es geht fast immer um Beförderungen in der Polizei, um Neubesetzungen, Gefälligkeiten, zuweilen auch um richtig große Karrieren. TV-Star Steinhauer hat die Lacher auf seiner Seite, wenn er die Repliken des Ex-Innenministers verliest: Strasser delegierte an seine Mitarbeiter "Lass das prüfen" oder "Bitte Info an mich, was da fact ist, was steht da an?"

Am Ende der Conférencen steht oft "Im Vertrauen auf deine Unterstützung" oder auch ein herzliches "Danke für die Intervention".
Einmal reagierte der Innenminister auch richtiggehend wütend: Als ihm der falsche Kandidat vorgeschlagen wurde, schrieb Strasser zurück: "Ich habe schon in Kärnten bemerkt, dass du farbenblind bist. Darf ich bitten, etwas genauer zu recherchieren!"
Das Bild, das Steinhauer, Haidinger und Moderator Pilz erzeugen, ist das einer Bananenrepublik. Die Finanzierung einer Klausur wird über gute Raiffeisenkontakte eingefädelt, für die Karriere im Gendarmerieposten kann das Parteibuch Wunder wirken. Politische Entscheidungen werden beim Erdäpfelfest getroffen, Personaldebatten bereits vor der offiziellen Ausschreibung geführt. "Sicher, warum auch nicht", sagt Strasser im aktuellen "Falter" ungeniert auf die Frage, ob er je für Parteifreunde interveniert habe.
Veranstaltungen des politischen Gegners, vor allem der SPÖ, ließ man - zumindest laut E-Mail - gelegentlich von parteitreuen Exekutivbeamten beobachten.
Habe leider nix zum exakten Nachlesen oder gar Nachhören gefunden.