Interessante Entscheidungen (Rechtspanorama)

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harald
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Interessante Entscheidungen (Rechtspanorama)

Post by harald »

Abgrenzung Auslobung - Glücksspiel
... oder warum Ö3 zweimal blechen muss!

Hab das grad erst gefunden, obwohl die Nachricht eh schon älter ist, aber jedenfalls sehr interessant:

http://www.diepresse.at/home/recht/rech ... isanonym=0
Das „Ö3 Mehrscheinchenspiel“ war eine Auslobung und kein Glücksvertrag - der ORF muss dem Gewinner 100.000 Euro auszahlen.
Die Bekanntmachung im Ö3 sei eine Auslobung gewesen, er als Kläger habe die Auslobungsbedingungen vollständig erfüllt, sein Anspruch auf Auszahlung der zugesagten 100.000 Euro sei trotz des Ausschlusses des Rechtsweges in den Spielbedingungen einklagbar.
Last edited by harald on 24 Oct 2007, 17:16, edited 4 times in total.
--Harald
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dejost
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Post by dejost »

Alle drei Instanzen gaben ihm Recht. Der OGH führte in seiner Entscheidung (2 Ob 251/06k) aus, dass die Erbringung der in der Auslobung geforderten Leistung unter Einhaltung der Spielbedingungen (Faxsendung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt sowie Ermöglichung der Kontrolle innerhalb einer Frist) den Anspruch auf Auszahlung der Belohnung im Sinne des § 860 ABGB gewährt. Der bloße Umstand, dass es vom Zufall abhängt, wer die gesuchte Banknote erlangt, mache die Auslobung auch nicht zu einem Glücksvertrag mit der Rechtsfolge der Unklagbarkeit. Eine Pflicht zur Vorlage des Scheins zu jedem Zeitpunkt innerhalb der gesetzten 6-Wochen-Frist konnten die Höchstrichter der Auslobungserklärung auch nicht entnehmen.
Sehr spannend.

Wobei ich es seitens des ORF fast etwas schäbig finde, dass wirklich bis zum Obersten hinzuziehn, wenn schon die ersten beiden Instanzen der gleichen Meinung waren.

harald
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Post by harald »

Hab jetzt den Titel des Topics geändert, ich mach da eine Art Entscheidungs Rechtspanorama draus:

Und hier gleich eine neue Entscheidung:
Erstes Urteil gegen neue Sparzinsklauseln
Im Jänner 2007 haben Österreichs Banken -gezwungen durch ein OGH-Urteil - neue Zinsgleitklauseln für Sparbücher eingeführt. Nicht alle bedeuten eine Verbesserung für Sparer, da damit auch "Nullzinsen" ermöglicht werden. Der VKI hat geklagt und in erster Instanz recht bekommen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
http://help.orf.at/?story=6882
--Harald
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Post by dejost »

Jaja, die Banken...

Hab auch was, anläßlich der Herold- CD, kopiert von http://help.orf.at/?story=6883
Als die Firma Herold 2003 eine CD mit persönlichen Daten über rund vier Millionen Privatpersonen vorstellte, die von der mittlerweile nicht mehr existierenden Firma dm-plus beschafft worden waren, erhob die Arge Daten massive datenschutzrechtliche Bedenken.

Trotz der Bedenken der Datenschützer genehmigte die Datenschutzkommission den Vertrieb der CD unter gewissen Auflagen.
Unter anderem waren Aufzeichnungen zu führen, an wen die CD verkauft wurde.

Als die Arge Daten Einsicht in die Verkaufsliste forderte, wurde die Auskunft von Herold verweigert. Eine Haltung, die durch einen Bescheid der Datenschutzkommission unterstützt wurde.
In der Entscheidung B227/05-8 hob nun der VfGH die Entscheidung der Datenschutzkommission als verfassungswidrig auf, die Verweigerung der Auskunft über die Empfänger bzw. Käufer der Herold-CD ist grundrechts- und verfassungswidrig.

Kern der Argumentation des VfGH ist die Bestimmung des §1 Abs. 3 Z 1 Datenschutzgesetz (DSG), die im Verfassungsrang steht und den Betroffenen das Recht auf Auskunft garantiert, "an wen (die Daten) übermittelt werden".
"Das Auskunftsrecht soll aber nicht nur den Ansatzpunkt bieten, eine künftige Verwendung von Daten allenfalls zu verhindern, sondern möglichst dem Betroffenen das Wissen geben, wo überall Daten über ihn vorhanden sind. Es ist eine Untersagung ja keineswegs die einzige Möglichkeit mit dem Wissen umzugehen, dass jemand Betroffenendaten erhalten hat."
Gegenüber Adressenverlagen und Wirtschaftsauskunftsdiensten gibt diese Entscheidung Betroffenen erstmals die Chance die Datenströme zu ihrer Person herauszufinden. Denn Jeder Datenverarbeiter muss nunmehr bei seiner Auskunft alle Aufzeichnungen die er zu Daten hat heranziehen, etwa auch Buchhaltungsunterlagen, Angebote, Abrechnungen, aus denen hervorgeht welche Daten er an welche Stellen verkauft bzw. übermittelt hat.
Zuletzt gibt's noch den Hinweis, dass die CD sich schlecht verkauft hat, obwohl sie immer noch, wenn man weiß wo auf der Herold- HP, erhältlich ist.

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Post by dejost »

Hausverbot für aufdringliche Studenten ist ok

So urteilt der OGH in 4 Ob 140/07 b

Der gegenständliche Student war regelmäßig in der Uniklinik und hat dort, teilweise sehr heftig, Lehrende belästigt, damit sie seine Diss betreuen.

Unter anderem wurde auch eine EV ausgesprochen und mehrmals die Polizei gerufen.

Der OGH erkannte dies als zu recht, einzig mit der Einschränkung, dass sinngemäß, wenn er ärztlicher Behandlung bedarf, man ihm den Zutritt zur Universitätsklinik nicht verwehrt werden darf.


Was heißt das also?

Wer Leute in der Uni massiv belästigt, darf zu Recht dauerhaft rausgehaut werden, auch wenn Student.
Angeblich gibt's auch grade eine Aktion einer (selbsternannten?) Raucherpolizei an der Uni Wien, die die Leute photographiert und dann beim Rektorat verpfeift. Wer zu oft auf den Raucherphotos drauf ist, kriegt ein Hausverbot.

http://derstandard.at/?id=3194845

Nachtrag:

Ok, alles etwas harmloser. Es hätte nur eine höfliche (damit aber zweckfreie) Hinweisung auf das Rauchverbot sein sollen und die Leute von der Sicherheitsfirma wurden gefeuert.

http://derstandard.at/?id=3195689

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Post by dejost »

Urteilsveröffentlichungen nicht in Pop- Ups

4 Ob 57/07 x

Wer ein Urteil veröffentlichen muss, darf das nur mehr unmittelbar auf der HP tun, weil Pop- Up- Blocker amtsbekannterweise in großer Zahl im Einsatz sind.

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Post by dejost »

9 Ob 42/07b = EvBl 2007/177


Auto in einer Parkgarage abzustellen ist ein Mietvertrag. Trotzdem muss der Vermieter aber Dinge machen wie den Zugang kontrollieren und ab und an Rundgänge machen und sonstige Aktionen, die die Sicerheit garantieren. Wird etwas geklaut etc haftet er nur für sein Verschulden und das seiner Erfüllungsgehilfen (no- na). Offenes Haus hin oder her, für Dritte muss keiner haften.
Wenn also so wie im gegenständlichen Fall das Auto am kostenpflichtigen Parkplatz ausbrennt, schaut der Einsteller durch die Finger und bleibt ua auf den Prozesskosten sitzen, sogar obwohl der Vermieter in den Einstellbedingungen schreibt, dass er großzügigerweise freiwillig für abhandengekomme Autos haftet.

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Große Schelte für Großen Bruder

http://futurezone.orf.at/it/stories/259747/
Hohe Hürden für Bundestrojaner

Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat das heimliche Ausspähen von Computern an hohe rechtliche Hürden geknüpft und das nordrhein-westfälische Gesetz zur Online-Durchsuchung gekippt. Die deutsche Koalition will die Online-Durchsuchung dennoch schnell umsetzen. Das heimliche Ausspähen der Computerfestplatte ist nur dann zulässig, "wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen", heißt es in einem Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom Mittwoch. [...]

Die Verfassungshüter entwickelten außerdem mit Blick auf die Gefahren der Online-Durchsuchung ein neues "Grundrecht auf die Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme". [...]
Gnothi seauton. Kai genoio, hoios essi.

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Post by harald »

Wenn einen etwas beschäftigt, lässt die Veröffentlichung der Entscheidung meist nicht lang auf sich warten!

ÖJZ 2008, 143 (OGH 1Ob142/07z)

Kurzzusammenfassung meinerseits:

Zahlung der Studiengebühren führt zu keinem privatrechtlichen Verhältnis zwischen Uni und Studierendem. Der Bund ist passiv klagslegitimiert. Nichtaufnahme in LV kann daher nur im Amtshaftungswege geltend gemacht werden. Fragen des Schutznormcharakters des § 54 Abs 8 UG 2002 sowie des Verschuldens sind im zweiten Rechtsgang noch zu klären.

Falls der Schutznormcharakter bejaht wird, dann wird es ganz eng! Vor allem, da es sich um die Meduni handelt und gerade in höheren Abschnitten am "Krankenbett" geübt werden soll. Sich da auf Schuldebene auszuklinken ist mMn gewagt.

Für meine an dejost herangetragene Frage hinsichtlich der PÜ AR würde bei Bejahung des Schutznormcharakters das ganze recht erfreulich aussehen und der derzeitige SPL hätte einigen Erklärungsbedarf!
--Harald
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harald
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Post by harald »

OGH 16.11.2007, 7Ob239/07h

Kein nacheheliches Aufteilungsverfahren über "Hochzeitsgeschenke" anlässlich einer Monate vor der standesamtlichen Eheschließung vorangehenden "traditionellen" Hochzeitsfeier
Find ich intressant. Vor allem, dass in der ÖJZ 2008, 160 einfach kurz die Unterstützung dieser Entscheidung als richtig feststellt wird ohne weitere Ausführungen. Grundsätzlich bin ich ja auch für keine analoge Anwendung der §§81 ff EheG, aber wie war das mit Geschenken, die man anlässlich einer später geplanten Eheschließung schenkt? In diesem Fall mag das ja aufgrund der zeitlichen Distanz klar gewesen sein, dass eine Analogie nicht Platz greift. Ich frag mich aber, was passiert, wenn aufgrund terminlicher Gründe die Hochzeiten über einen Monat auseinanderfallen? (Bin aber nicht so sattelfest im Eherecht, Kommentare daher erwünscht!)
--Harald
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Post by Der Alchemist »

Ehe und Recht. Kombiniert sich schlecht.
Bin aber nicht so sattelfest im Eherecht
Leider ebenfalls.

Aber um eine Einschätzung zu geben, soweit ich mich an die Wilhelm-Vorlesungen erinnern kann, sind die Familienrechts- und Personenstandsentscheidungen des OGH oft recht abenteuerlich. Im Übrigen ist's kein Rechtsgebiet, mit dem ich mich näher beschäftigen will, denn die Scheidungs- und Besachwalterungsgeschichten am BG Meidling haben mir nicht wirklich gefallen.

Und dass die ÖJZ keine Begründung gibt, ist unter aller Sau. Klingt nach klassischer Juristenarroganz (wie man's manchen unserer Standesvertreter zu Recht gelegentlich vorwirft).
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Post by Der Alchemist »

Ein weiteres Kapitel zum "Schadensfall Kind":

http://kaernten.orf.at/stories/261450/
Der OGH hat einer Kärntner Familie die Lebenshaltungskosten für ihr behindertes Kind zugesprochen. Die Krankenanstalten-Betriebsgesellschaft muss zahlen, weil die Behinderung im Mutterleib nicht erkannt wurde. [...]

Das Oberlandesgericht und der OGH haben die Kärntner Krankenanstalten-Betriebsgesellschaft nun dazu verurteilt, den gesamten Unterhalt für das Kind zu bezahlen, rückwirkend seit der Geburt. [...]

Eine erste Reaktion kam von Caritas und Aktion Leben. Das Schadenersatzrecht sei ein ungeeignetes Mittel zur Lösung von Problemen, die sich aus der Geburt eines behinderten Kindes ergeben, hieß es in einer Aussendung. Ein Kind dürfe niemals als "Schadensfall" gelten. Mit diesem Entscheid werde der Druck auf die Ärzte weiter steigen, Schwangeren schon bei geringstem Verdacht auf Behinderung zu einer Abtreibung zu raten, um nicht später mit Schadenersatzforderungen konfrontiert zu werden, warnten Caritas-Präsident Franz Küberl und die Aktion Leben Österreich am Mittwoch übereinstimmend.
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Post by Der Alchemist »

"Der Gesetzgeber drückt sich"
(Nachtrag zum vorigen Posting)

http://derstandard.at/?id=3262421
Standard: Kann ein behindertes Kind ein juristischer "Schadensfall" sein?

Herrnhofer: Ein Kind kann niemals ein Schadensfall sein. Bei diesem OGH-Urteil ging es um den Schaden aus einer Vertragsverletzung seitens der Ärztin, die die Behinderung übersehen hat. Es war zu klären, wer den Existenzaufwand für solch ein behindertes Kind übernimmt.

Standard: Kritiker meinen, das Urteil sei ein völlig falsches Signal seitens der Justiz. Wie sehen Sie das?

Herrnhofer: Die Kritik ist nicht an die Richter, sondern an den Gesetzgeber zu richten. Wir können nur mit dem Instrumentarium arbeiten, das wir haben. Es gibt in Österreich kein Gesetz, das solche Ansprüche regelt. Deshalb ist man auf das internationale Schadensrecht ausgewichen. Wäre das nicht geschehen, hätte man die Eltern und das behinderte Kind völlig im Regen stehen lassen. Solange der Gesetzgeber keine ausreichenden Rahmenbedigungen für Behinderte schafft, bleibt nur das Schadenersatzrecht. Da muss die Politik jetzt den Offenbarungseid leisten.

Standard: Also handelt es sich hier auch um eine gesellschaftspolitische Frage?

Herrnhofer: Der Gesetzgeber drückt sich hier ganz klar vor einer gesellschaftspolitischen Grundsatzentscheidung. Die lautet: Was sind uns Behinderte wert. Das ist nicht Aufgabe der Gerichte. Da geht es auch um die Gewaltentrennung, die eine der Säulen der Demokratie ist. Leider weist der Gesetzgeber immer häufiger solche Grundsatzentscheidungen den Gerichten zu.

Standard: Was ist mit jenen Eltern, die sich trotz erkennbarer Behinderung in der Pränataldiagnostik für ihr Kind entscheiden. Diese erhalten keinen "Schadenersatz"?

Herrnhofer: Es ist nicht nachweisbar, ob die Eltern im betreffenden Fall tatsächlich abgetrieben hätten. Da hat der OGH argumentiert, das sei zu akzeptieren, denn nach der geltenden Rechtslage, der eugenischen Indikation, dürfen sie bis kurz vor der Geburt abtreiben. Eltern, die sich in so einem Fall für ihr Kind entscheiden, sind da ganz klar benachteiligt. Das gefällt uns ganz und gar nicht. Hier muss auch die gesellschaftspolitische Diskussion ansetzen.

Standard: Kirche, Behinderten- und Lebensschutzorganisationen warnen vor einer Neuauflage der Diskussion um "unwertes" Leben.

Herrnhofer: Für die katholische Kirche ist das ein reines Stellvertreter-Argument. Sie wertet das OGH-Urteil als Plädoyer für die Vernichtung ,unwerten' Lebens. Doch eigentlich gilt ihre Stoßrichtung dabei der Fristenlösung.

(Elisabeth Steiner, DER STANDARD, Printausgabe 13.03.2008)
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Zur Person: Der Kärntner Jurist Manfred Herrnhofer (43) ist Strafrichter am Landesgericht Klagenfurt und erster Vizepräsident der Vereinigung österreichischer Richterinnen und Richter.
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(Hat mit dem Threadnebentitel "Rechtspanorama" zwar nicht direkt zu tun, aber ich will jetzt keinen Neuen aufmachen dafür.)

Der Prozess gegen Mohamed Mahmoud und Mona S hat bekanntermaßen für einiges Aufsehen gesorgt. Ich selbst halte die beiden ja für Nestroygeschöpfe und deren "Propaganda" für Operettenterrorismus (und ja, mir hat er Leid getan, als am letzten Prozesstag dieser Zwischenfall war, denn ich würde Freiheitsentziehungen wohl auch nicht aushalten), aber da kann man geteilter Meinung sein. Zum Thema meines Beitrags: ein User des onlineStandard scheint die Dinge ähnlich zu sehen wie ich, daher zitier' ich das mal:
Die kriegen, ohne Schaden angerichtet zu haben, mehr Strafe, als Beamte im Dienst, die einen Ausländer halb tot prügelten. Und die sind noch dazu weiterhin im Dienst.
Ich denke, besser auf den Punkt kann der Zustand unserer Strafrechts"pflege"* nicht gebracht werden.

(*Die Begriffe Strafe und Pflege sind ohnehin ein ziemlicher Widerspruch ...)

EDIT: PS (auch zum Themenkomplex Terror & Recht): Ich finde es wirklich unglaublich, dass George (Nudel-)Walker Bush es in der Vorwoche tatsächlich geschafft hat, das Folterverbot zu verhindern. Womit (wiedereinmal :!: ) bewiesen wäre, dass die ach so hochgejubelte US-Verfassung doch nicht so wirksam ist, wie manche Dummies glauben!
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Post by harald »

Erheiterndes aus der Gesetzgebung gabs diesmal in der ÖJZ 2008, 205 f (Ausgabe 05) mit dem Titel "Ho-Ruck und Husch Pfusch - Vorweihnachtliche Fehlleistungen in der Legistik"!

Wer ein bisschen Zeit hat, sollte sich diesen Artikel nicht entgehen lassen! Wirklich lesenswert! :)
--Harald
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Rechtsanwaltschaft als letzte Bastion gegen Law-And-Order-Fanatiker
Linz - "Sie haben das Recht auf einen Anwalt": Diesen Satz sollte mit der Reform der Strafprozessordnung (StPO) seit 1. Jänner eigentlich jeder Verdächtige bei der ersten Befragung von der Polizei hören. Verdächtige in Österreich sind aber entweder außergewöhnlich sorglos oder sie kennen ihre Rechte nicht. Denn obwohl sie mittels Informationsblatt belehrt worden seien, wollten nur fünf von 180 mutmaßlichen Dieben in Oberösterreich mit einem Rechtsvertreter sprechen, erzählt Rudolf Kepplinger, stellvertretender Leiter des Landeskriminalamtes. Und in keinem einzigen Fall sei dann ein Verteidiger tatsächlich gekommen, schildert er beim "6. StrafverteidigerInnentag" in Linz.

Eine Rechnung, die die heimischen Strafverteidiger nicht ganz glauben wollen. Und deshalb in ihren Beschlüssen eine Reform der (von der Mehrheit durchaus gelobten) StPO-Reform urgieren: Besonders die Video- oder Tonaufzeichnung der Einvernahmen soll festgeschrieben werden. Und ein Beweisverwertungsverbot. Denn im Gegensatz zu den USA, wo der fehlende Hinweis auf das Recht auf einen Verteidiger dazu führt, dass die gesamte Aussage nicht im Prozess verwendet werden kann, haben es österreichische Polizisten besser. Wenn sie den Verdächtigen über seine Rechte im Unklaren lassen, ihm etwas vorgaukeln oder Druck ausüben, passiert - nichts. Zumindest nicht im etwaigen Gerichtsverfahren des Betroffenen, dessen Aussagen trotzdem über Verurteilung oder Freispruch entscheiden können.

Mit diesem Fehlen des Beweisverwertungsverbotes haben aber nicht nur die Verteidiger ein Problem. Auch Helmut Fuchs, Rechtsprofessor an der Universität Wien, kritisiert in seinem Festvortrag diese Lücke und plädiert zumindest für ein Verbot bei groben Rechtsverletzungen. Kein gutes Haar lässt Fuchs auch an der Polizeireform im Jahr 2005. Damals erfolgte die Trennung von Wachkörper (den uniformierten und den Kriminalbeamten) und der Behörde (der Sicherheits- oder Bundespolizeidirektion). Verbunden damit: eine Entmachtung der Polizeijuristen, die in den Behörden arbeiteten und eigentlich eine Kontrollinstanz sein sollten. "Am bedenklichsten scheint mir diese völlige Demontage der Polizeijuristen zu sein. Ich fürchte, das ist ein Verlust, den wir noch merken werden", prophezeit Fuchs. Denn mit der neuen StPO könne eigentlich jeder Polizist selbst entscheiden, ob ein Verteidiger überhaupt bei der ersten Einvernahme dabei sein kann. Oder er ausgeschlossen werden muss, da die Ermittlungen durch den Rechtsanwalt gefährdet sind.

Entschieden spricht sich die Interessenvertretung auch gegen die mögliche Einführung einer Onlinedurchsuchung mittels "Trojaner" aus. Mehr Technik wollen die Verteidiger aber durchaus - für die Staatsanwaltschaften. Denn das existierende Tohuwabohu beim Aktenlauf speziell in Wien (der Standard berichtete) halten die Rechtsanwälte schlicht für inakzeptabel. Mehr Kopierer und mehr Personal in den Anklagebehörden sollen hier Abhilfe bringen. (Michael Möseneder, DER STANDARD, Printausgabe, 31.03.2008)
Die Vereinigung Österreichischer StrafverteidigerInnen spricht sich gegen den Einsatz von Online-Durchsuchungen von PCs und Computernetzwerken im Strafverfahren aus. Darauf haben sich die Verteidiger am vergangenen Wochenende beim mittlerweile 6. StrafverteidigerInnentag in Linz geeinigt. Trotz gewisser Anlaufschwierigkeiten und praktischer Umsetzungsprobleme wurde demgegenüber die Reform der Strafprozessordnung (StPO) mit überwiegender Mehrheit begrüßt.

Die Online-Durchsuchung war zuletzt im Wiener Terror-Prozess gegen Mohamed M. und seine Frau Mona S. mit im Mittelpunkt des Interesses gestanden. Indem sich die Polizei über eine spezielle Software Zugriff auf den Laptop des Islamisten verschafft hatte, konnten dessen Internet-Aktivitäten mitverfolgt werden. Auf Basis des damit gesammelten Beweismaterials wurde der 22-Jährige Anfang März nicht rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt, weil er nach Ansicht des Erstgerichts unter anderem im Internet die Interessen der al-Qaida propagiert haben soll.

Die Verteidiger in Strafsachen äußern nun Bedenken gegen die dabei zur Anwendung gelangten polizeilichen Ermittlungsmethode. "Neue gravierende gesetzliche Eingriffsbefugnisse sind im Strafverfahren nur dann vorzusehen, wenn zuvor der Nachweis der Notwendigkeit und der Dringlichkeit empirisch erbracht worden ist. Dies ist hinsichtlich der Online-Durchsuchung nicht gegeben, so dass sie als Maßnahme des Polizei- und Strafprozessrechts abzulehnen ist", haben sie im Rahmen ihrer Veranstaltung in einer Resolution festgehalten.

In Bezug auf die StPO-Reform fordern die Verteidiger von den Staatsanwaltschaften ein Wahrnehmen und aktives Ausüben ihrer Leitungsbefugnisse im Ermittlungsverfahren. Nur so sei der mit der Gesetzesnovelle angestrebte Erfolg zu erreichen.

Dringende Verbesserungen sind für die Anwälte in punkto Akteneinsicht geboten: Um dem Gesetz genüge zu tun, müssten bei den Polizeidienststellen und Anklagebehörden ausreichende Kopiermöglichkeiten und die entsprechenden personellen Ressourcen geschaffen werden. Beim elektronischen Rechtsverkehr bedürfe es wiederum einer Sicherstellung, dass Schriftsätze die behördlichen Adressaten auch tatsächlich innerhalb angemessener Frist erreichen.

Unumgänglich ist für die Verteidiger ihre Teilnahme bei der bereits ersten Einvernahme von Beschuldigten. Diese Einvernahmen und auch sonstige Beweisaufnahmen sollen zukünftig auf Datenträgern audiovisuell gesichert werden. Vor Erhebung einer Anklage oder eines Strafantrags wollen die Anwälte dem Beschuldigten ein Anhörungsrecht und damit die Möglichkeit einräumen, zum gesamten Ermittlungsergebnis Stellung zu nehmen. Strafanträge sollen von den Staatsanwälten begründet und unverzüglich dem Beschuldigten zugestellt werden.

Um eine einheitliche Entwicklung der Rechtsprechung zu gewährleisten, treten die Strafverteidiger für die Publikation von Einspruchs- und Beschwerdeentscheidungen ein.

Besonderes Augenmerk richten die Verteidiger auf wirksame Rechtsschutzsysteme bei grundrechtsrelevanten Eingriffsbefugnissen. Diese sollen in Zukunft durch Rechtsschutzbeauftragte gewährleistet werden, die aus dem aktiven Berufsleben kommen und nach Maßgabe ihrer bisherigen Berufslaufbahn als unabhängig gelten. Vorzugsweise schweben den Verteidigern für diese Funktion Rechtsanwälte oder Universitätsprofessoren vor, wobei sie ihren Beruf für die Amtsdauer als Rechtsschutzbeauftragte ruhend stellen sollen. (APA)
Leider sind solche Stimmen viel zu selten.

Respektive, die Politik wird Obiges wohl - wie eigentlich immer - ignorieren. Denn die Kriminalitätsparanoia gewisser Mitmenschen, nennen wir sie mal Stammtischprolls, bringt stets mehr Wählerstimmen als Rechtsstaatsüberlegungen. Verrückte Welt.
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http://news.orf.at/080612-26135/index.html
Schwere Niederlage für die US-Regierung: Das oberste Gericht des Landes hat am Donnerstag entschieden, dass die Häftlinge im Lager Guantanamo Bay auf Kuba ihre Gefangenschaft vor amerikanischen Zivilgerichten anfechten dürfen.
Wurde Zeit.
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Anwalts-Präsident Benn-Ibler ist durch jüngste Entwicklung beunruhigt.

WIEN. „Wir sind besorgt“, sagt Gerhard Benn-Ibler, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags (Örak). Hintergrund ist der Umgang der Politik mit den Grundrechten: „Es gibt viele Entwicklungen, auch europa- und weltweit, die die Grundrechte im Sinne eines falsch verstandenen Sicherheitsdenkens einschränken“, warnt Benn-Ibler im Gespräch mit der „Presse“. Der Eingriff in Grundrechte erfolge etwa durch das Passgesetz (Pflicht zum Fingerprint) oder die geplante Vorratsdatenspeicherung.

Was den Anwälte-Chef besonders stört, ist der Umgang mit den Grundrechten in der letzten Zeit: „Diese Diskussion hat es bis vor zwei, drei Jahren gar nicht gegeben. Bis dahin waren Grundrechte sakrosankt“, sagt Benn-Ibler. Er möchte die Bevölkerung stärker darauf hinweisen, dass die Grundrechte eine Notwendigkeit sind, auf die man immer wieder angewiesen sein kann. Auch wenn man sich momentan sicher fühle: „Politische Verhältnisse können sich ändern. Und irgendwann sind die Grundrechte in der Demokratie die Grenze, die einfach unbedingt notwendig ist“, so Benn-Ibler.

Ein Anliegen ist dem Juristen auch eine Veränderung des Eherechts. Benn-Ibler schließt sich der Ansicht von Irmgard Griss, der Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, an. Griss hatte im „Presse“-Interview eine Eherechts-Reform gefordert. „Österreich hatte Ende der siebziger Jahre ein sehr fortschrittliches Eherecht. Seither hat sich nicht mehr viel getan“, rügt Benn-Ibler. Und ähnlich wie Griss meint er: Das Zerrüttungsprinzip werde gegenüber dem Verschuldensprinzip bei der Scheidung „viel, viel wichtiger“ werden.

Das hänge mit den geänderten wirtschaftlichen Interessen zusammen. „Seinerzeit hat der Mann gearbeitet und die Frau die Kinder erzogen. Heute aber sind meist beide berufstätig, Frauen in der Regel wirtschaftlich unabhängig.“ Auf einen konkreten Vorschlag, wie das Scheidungsrecht künftig ausgestaltet sein soll, will sich Benn-Ibler aber noch nicht festlegen.

Positiv bewertet Benn-Ibler, dass künftig vor der Scheidung eine juristische Beratung zur Pflicht wird. Ein Nein kommt von Benn-Ibler hingegen zur Idee, bereits vor der Eheschließung eine juristische Beratung vorzuschreiben. „Man soll die Staatsbürger nicht entmündigen.“ Auf freiwilliger Basis wäre eine Beratung aber empfehlenswert, schränkt Benn-Ibler ein: „Denn die Ehe wird zwar im Himmel geschlossen, aber leben muss man sie auf der Erde.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2008)
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Die dritte Halbzeit vor Gericht
http://diepresse.com/home/recht/rechtal ... t/index.do
„Cevapcici“
Was im U-Ausschuss passiert, ist nicht geheim
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Ehepaar Rumpold scheitert mit Klage gegen Pilz
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Es wird immer unglaublicher in dieser faschistoiden (ja, langsam halte ich diesen Ausdruck für angebracht) Welt:
Wien/Wr. Neustadt - Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat Mittwochnachmittag seine Entscheidung über die Haftbeschwerden der am 21. Mai festgenommenen Tierrechtsaktivisten veröffentlicht: Die zehn Tierschützer bleiben weiterhin hinter Gittern. "Sowohl der Tatverdacht zu Paragraf 278a als auch der Verdunkelungs- und der Tatbegehungsgefahr wurden in allen Fällen bestätigt", erklärte ein Sprecher des OLG.

Michael Dohr, Anwalt zweier Beschuldigter, hatte sich "natürlich eine Enthaftung" erwartet. Seine Begründung: Nach wie vor gebe es gegen seine Mandanten keine konkreten Vorwürfe. Jener Akt, der unter Verschluss gehalten werde, könne zudem nicht als Grund für die U-Haft herangezogen werden. Der Verteidigung stehe nämlich zu, über die Gründe für eine Inhaftierung zur Gänze informiert zu werden.

Der Tatbestand der "unternehmensähnlichen Organisation" sei zudem nicht gegeben, wie unter Paragraf 278a (Gründung oder Beteiligung an einer kriminellen Organisation) angeführt. Und die Tierschützer hätten keinen "erheblichen Einfluss auf Politik und Wirtschaft" ausgeübt. Ein Vertreter der Rechtshilfe der Aktivisten meinte, die U-Haft wirke wie eine "Beugehaft".

Die Grünen hatten vor Veröffentlichung der Entscheidung des OLG in einer Pressekonferenz die "sofortige Freilassung" der Aktivisten gefordert. Menschenrechts- und Tierschutzsprecherin Brigid Weinzinger meinte, die Aufrechterhaltung der U-Haft sei "nicht mehr zu rechtfertigen", der Vorwurf der Verdunkelungsgefahr "haltlos". Haltlos deshalb, weil die Polizei sämtliche Datenträger beschlagnahmt habe. Auch Tatbegehungsgefahr sah Weinzinger keine, da konkrete Vorwürfe fehlten. "Der Staat ist dabei, einen Kapitalfehler zu begehen und Aktivismus mit Terrorismus gleichzusetzen", sagt Weinzinger.

Ein dringlicher Antrag der Grünen zur Abänderung des Paragrafen 278a wurde von der Regierung vergangene Woche abgeschmettert. Zu den Inhaftierten gehört auch der Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VgT), Martin Balluch, und ein Mitglied des Vereins "Vier Pfoten". Erst kürzlich wurde ihre U-Haft um weitere zwei Monate verlängert. (Gudrun Springer/ DER STANDARD Printausgabe 17.7.2008)
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2Ob108/07g
Mittels eines E-Mail-Sendeprotokolls kann der Anscheinsbeweis des Zugangs eines E-Mails nicht erbracht werden.
Falls also der Empfänger nicht unabsichtlich auf "Empfang bestätigen" drückt, kann man im Streitfall den Zugang einer Email de facto nie beweisen.
Ein Anruf zum Nachfragen wird allerdings angeregt.

Sonst wird schon bestehendes re-iteriert:
Ein E-Mail ist für den Empfänger in dem Zeitpunkt abrufbar, in dem es in seiner E-Mailbox eingelangt und gespeichert ist und am Bildschirm angezeigt oder ausgedruckt werden kann, das heißt, sobald ein Abruf durch den Empfänger möglich ist.

harald
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Auch der erste Teil ist nicht wirkich neu, das wird mindestens schon ein Jahr so judiziert. Zumindest bin ich schon in einigen Zeitungen drüber gestolpert, und das ist schon länger her!
--Harald
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Manfried-Welan-Interview:
Rechtssprache: Zwischen Theorie und Praxis
http://science.orf.at/science/news/152123
Goethe hat das mal so schön formuliert: "Im Auslegen seid frisch und munter, legt ihr´s nicht aus, so legt was drunter." Und das kann man natürlich als aufklärender Jurist auch so formulieren: "Alle legen das Recht so aus, wie sie es brauchen." Das ist auch meine Erfahrung. Nur geben es die wenigsten zu. Ich habe meinen Schülern immer gesagt: "Im Auslegen seid frisch und munter, legt ihr was aus, so seid euch bewusst, ihr legt was drunter."
Als österreichischer Jurist stehe ich sehr stark zur Wortauslegung. Die Worte sollten also nicht allzu stark von Ihrer Alltagbedeutung weggezogen werden, in irgendwelche geistige Höhen oder interessensmässige Tiefen.
Gnothi seauton. Kai genoio, hoios essi.

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Post by Der Alchemist »

Schätze, es passt am ehesten in den Jus-Thread:
Wien - Natürlich sei seine Bestellung schriftlich erfolgt und zeitlich befristet, erklärt der Regierungsbeauftragte für Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung, Egon Blum, dem STANDARD.

"Das ist ja etwas Hochoffizielles. Da gibt es einen Antrag von Kanzler und Vizekanzler an den Ministerrat und einen gemeinsamen Beschluss" . Und natürlich könnte er seine Tätigkeit unter einer neuen Regierung nur fortsetzen, wenn er einen neuen Regierungsauftrag dafür bekomme, herrscht für Blum kein Zweifel.

Doch was im Falle Blums ganz klar ist, liegt beim Regierungsbeauftragten für den Kapitalmarkt, Richard Schenz, weiter im Nebel. Denn der zweimal - 2001 und 2003 - von schwarz-blauen Regierungen bestellte Schenz hat nach eigenen Angaben weder bei seiner ersten noch seiner zweiten Beauftragung eine zeitliche Befristung erhalten und arbeitete auch unter Rot-Schwarz weiter - ohne neuen Auftrag dieser Regierung.

Zu Recht, wie Finanzminister Wilhelm Molterer meint, der Schenz darum gebeten hat. Nach Ansicht von Bundeskanzler Gusenbauer gibt es derzeit allerdings nur einen Regierungsbeauftragten, nämlich Egon Blum.

"Das ist ein Verwaltungsmissstand" will der Grüne Karl Öllinger die Sache jetzt von der Volksanwaltschaft klären lassen. Immerhin gehe es um ein nicht unbeträchtliches Budget (2008 rund 130.000 Euro) und 2,5 Beamte, die zur Unterstützung der von Schenz ehrenamtlich ausgeübten Funktion bereit stehen. Molterer sieht die Fortsetzung der Tätigkeit durch das Fehlen einer Befristung legitimiert.

Diese Rechtsmeinung vertritt auch Heinz Mayer, Verfassungsrechtsprofessor an der Uni Wien:Wenn die Bestellung nicht befristet wurde, gelte sie bis zu einer Abberufung. "Dann frage ich mich aber, wieso Schenz 2003 von Schwarz-Blau ein zweites Mal bestellt wurde" , so Öllinger.

Auch Theo Öhlinger, wie Mayer Professor am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht, sieht den Fall anders:"Die Vermutung gilt natürlich, dass der Auftrag nur für die Periode der Regierung gilt." Einigkeit herrscht vorerst nur darüber, dass die Frage rechtlich nicht geregelt ist. (kol, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.8.2008)
Vorerst halt' ich mal beide Rechtsmeinungen für vertretbar. Spannende Fragestellung!
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Nachdem ich weiter oben schon mal über den Tierschutzfall gepostet hab', mache ich jetzt auch hier weiter. Sollte die Diskussion länger werden, kann man immer noch einen eigenen Thread aufmachen.

[quote="Der bekannte Universität-Princeton-Bioethik-Professor (und Verfasser von "Die Befreiung der Tiere") Peter Singer in DerStandard"]Der 25. Juni wird als Freudentag in die Annalen des Tierschutzes eingehen: An diesem Tag sprach der Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und Fischerei des spanischen Parlaments in einer historischen Abstimmung dem "Projekt Menschenaffen" (Great Ape Project) seine Unterstützung aus. Das Projekt verfolgt das Ziel, unseren engsten nicht- menschlichen Verwandten - den Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans - ein Recht auf Leben, Freiheit und Schutz vor Folter zuzugestehen. Andere Länder wie Neuseeland und Großbritannien haben in der Vergangenheit bereits Schritte gesetzt, um Menschenaffen vor Experimenten zu schützen, die ihnen Schaden zufügen könnten, doch kein nationales Parlament hatte bisher verkündet, dass ein Tier eine mit Rechten ausgestattete Person sei.

Die Entschließung, deren einstimmige Annahme durch die Nationalversammlung erwartet wird, fordert die spanische Regierung auf, sich für eine ähnliche EU-weite Erklärung einzusetzen und innerhalb eines Jahres ein Gesetz zu erlassen, das potenziell schädliche Experimente an Menschenaffen untersagt. Das Halten von Menschenaffen in Gefangenschaft soll nur für Zwecke der Arterhaltung gestattet werden, und dann unter optimalen Bedingungen. Darüber hinaus wird empfohlen, dass Spanien in internationalen Foren und Organisationen Schritte zum Schutz der Menschenaffen vor Misshandlung, Sklaverei, Folter, Tötung und Ausrottung einleitet.

Paola Cavalieri und ich haben das "Projekt Menschenaffen" 1993 gegründet, um die Barrieren zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Tieren einzureißen. Forscher wie Jane Goodall, Diane Fossey und Birute Galdikas haben gezeigt, dass Menschenaffen denkende, Ich-bewusste Wesen mit einem reichen Gefühlsleben sind, und damit den Boden dafür bereitet, ihnen grundlegende Rechte zuzugestehen.

Wenn wir die Menschenrechte als etwas betrachten, auf das alle Menschen Anspruch haben - egal, wie begrenzt ihre geistigen oder emotionalen Fähigkeiten sein mögen -, wie können wir dann den Menschenaffen, die, was Rationalität, Ich-Bewusstsein und emotionale Bindungsfähigkeit betrifft, manchen Menschen eindeutig überlegen sind, ähnliche Rechte verweigern? Wir würden damit ein Vorurteil gegenüber anderen Wesen an den Tag legen, das nur darauf beruht, dass sie nicht Angehörige unserer eigenen Art sind - ein Vorurteil, das wir "Speziezismus" nennen, um seine Ähnlichkeit zum Rassismus aufzuzeigen.

Das "Projekt Menschenaffen" ist bestrebt, die Art und Weise, in der wir Menschenaffen und in letzter Instanz Tiere im Allgemeinen wahrnehmen, zu ändern. Die spanische Entschließung stellt die erste offizielle Anerkennung dieser Sichtweise dar. Die Verwendung des Begriffs "Sklaverei" in Bezug auf etwas, das Tieren angetan wird, ist dabei besonders bedeutsam, denn bisher wurde vorausgesetzt, dass Tiere zu Recht unsere Sklaven sind, die wir nach Belieben nutzen können - ob als Zugtiere, Forschungsobjekte oder zur Produktion von Nahrungsmitteln wie Eier, Milch oder Fleisch.

Durch die Anerkennung seitens einer Regierung, dass es falsch sein kann, Tiere zu versklaven, wurde eine entscheidende Bresche in die Mauer exklusiver moralischer Bedeutsamkeit geschlagen, die wir um unsere eigene Spezies herum errichtet haben.
Zur gleichen Zeit freilich, als Spaniens Parlamentarier die Rechte der Tiere in mitfühlender Weise berücksichtigten, begann in Österreich für zehn führende Mitglieder legaler Tierschutzverbände die fünfte Gefängniswoche.

Am 21. Mai waren Polizisten früh im Morgengrauen gewaltsam in 23 Wohnungen eingedrungen, holten die Menschen aus ihren Betten, hielten ihnen Schusswaffen an den Kopf und zwangen ein leitendes Mitglied eines Tierschutzverbandes, zwei Stunden lang an einem öffentlichen Ort in Unterwäsche dazustehen. Sie beschlagnahmten Computer und Dateien und unterbanden so die Handlungsfähigkeit der Tierrechtsbewegung, die unmittelbar davor stand, eine neue Initiative zur Aufnahme des Tierschutzes in die österreichische Verfassung zu lancieren.

Die Tierschützer blieben in Haft, ohne dass gegen sie eine Anklage oder präzise Vorwürfe erhoben worden wären. Grundlage hierfür ist ein Gesetz, das sich eigentlich gegen Mitglieder des organisierten Verbrechens wie etwa die Mafia richtet. Die Polizei hat keine Beweise vorgelegt, dass einer der Inhaftierten an gewalttätigen Handlungen beteiligt war.

Erst nach 17 Tagen im Gefängnis hatte man dann drei Personen vorgeworfen, sie hätten eine Pressereferentin eines Modehauses bedroht, indem sie sie am Wegfahren gehindert hätten. Einem anderen Tierschützer, Martin Balluch, legte man als Begründung für seine Verhaftung eine 1500-seitige Polizeiakte vor, in der sein Name ganze drei Mal erwähnt wird - und das jedes Mal nur in Verbindung mit Zeitungsinterviews oder von ihm verfassten Artikeln. Trotzdem hat ein Gericht erst jetzt, mehr als drei Monate später, die Untersuchungshaft aufgehoben.

Ironischerweise ist Balluch - ein brillanter Mann mit Doktoraten in Physik und Philosophie - einer der bekanntesten Fürsprecher eines gewaltfreien, demokratischen Reformansatzes innerhalb der weltweiten Tierschutzbewegung. In einem Aufsatz für "In Defense of Animals", ein von mir herausgegebenes, 2006 erschienenes Buch, schrieb er: "Kein realistisches Maß an Guerilla-Angriffen der Art, wie sie von der Animal Liberation Front verübt werden, hätte der Batteriehaltung in ähnlicher Weise schaden können wie das neue österreichische Gesetz."

In den letzten Jahren waren österreichische Tierschutzorganisationen erstaunlich erfolgreich darin, Wähler und Mandatare zu überzeugen, Gesetze zur schrittweisen Abschaffung der Käfighaltung von Legehennen und Fleischkaninchen sowie der Pelztierzucht zu unterstützen. Wie Balluch schreibt: "Ein Gesetz, das einen ganzen Industriezweig verbietet, schadet der Tiermissbrauchsbranche mehr als alles andere, was die Tierschutzbewegung tun könnte."

Bei der Verfolgung der Tierschutzbewegung durch die Polizei scheint es sich um den Versuch eines Gegenschlags gegen eine gesetzeskonforme, friedliche Herausforderung der Art und Weise, wie wir die Tiere behandeln, seitens der das Innenministerium kontrollierenden konservativen Partei und ihrer Unterstützer in der Industrie zu handeln. Dass dies in einer europäischen Demokratie passieren kann, ist schockierend. (DER STANDARD Printausgabe 4.9.2008)[/quote]
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Post by harald »

Die Untersuchungshaft war auf der einen Seite schwachsinn. Sollte sich bewahrheiten, dass Sachbeschädigungen in großem Ausmaß geplant und (Pelzladeneinbrüche, Beschädigung der Pelze mit Farbsprays) durchgeführt wurden, so ist eine dementsprechend Strafe aber jedenfalls gerechtfertigt, denn jedermanns Eigentum gehört geschützt!
--Harald
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harald
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Versandhandeleinkäufer aufgepasst:

Quelle Entscheidung:
EuGH 17.04.2008
Rs C-404/06

Eine Instandsetzung des Verbrauchsgutes war nicht möglich, daher wurde das Gerät ausgetauscht. Der Versender verlanget Wertersatz für die Vorteile aus der Nutzung des ursprünglich gelieferten Verbrauchsgutes.
Der EuGH lehnt diesen ab, die Bereitstellung eines neuen Verbrauchsgutes nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Verbrauchers, der seine Verpflichtungen aus dem Vertrag durch Bezahlung ordnungsgemäß erfüllt hat, führt, sondern der Verkäufer die Folgen der mangelhaften Erfüllung seiner Verpflichtung zu tragen hat!

Nachsatz: Nach Art 3/3/2 der RL 1999/44/EG könnte der Verkäufer die Ersatzlieferung verweigern, wenn sich diese als unverhältnismäßig erweist.
--Harald
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>Versandhandel: Eine andere Entscheidung hätte das Gewährleistungsrecht wohl ad absurdum geführt.

>Wiener Islamisten (Meldung von vor ein paar Tagen):
Fast auf den Tag genau seit einem Jahr sitzen die Islamisten Mohamed M. und seine Ehefrau Mona S. im Wiener Landesgerichtlichen Gefangenenhaus in U-Haft. Die beiden stehen im Verdacht, der al-Qaida angehört zu haben. Der Mann hatte im Internet unter anderem ein "Drohvideo" verbreitet. Im Fall der 21-Jährigen halten namhafte Juristen die U-Haft für nicht mehr gerechtfertigt.

"Die Frau gehört sofort raus! Eine Enthaftung wäre in ihrem Fall unbedingt notwendig, um den beiden das Gefühl zu geben, von der Justiz fair behandelt zu werden", meinte dazu der Wiener Strafrechtsprofessor Frank Höpfel am Freitag im Gespräch mit der APA. Ihre weitere Anhaltung schaffe die Gefahr, aus ihr eine Art Märtyrerin zu machen: "Die Justiz sollte die U-Haft aufheben, bevor sich Leute aufzuregen beginnen."

Selbst aus der Oberstaatsanwaltschaft sind Stimmen zu vernehmen, die dieser Einschätzung beipflichten, zumal der Oberste Gerichtshof (OGH) am 27. August die Urteile der ersten Instanz aufgehoben und eine Neudurchführung des Strafverfahrens angeordnet hatte. Wann dieses über die Bühne gehen kann, steht in den Sternen: Die Akten liegen noch beim OGH, im Straflandesgericht steht derzeit nicht einmal fest, wer den zweiten Prozess leiten wird.

Mohamed M. hatte im ersten Rechtsgang vier Jahre Haft ausgefasst, weil er mit seinem "Drohvideo" Österreich und Deutschland zum Truppenabzug aus Afghanistan bewegen wollte, Terroranschläge während der Fußball-Europameisterschaft ankündigte und zur Teilnahme am Dschihad aufrief. Über seine Frau wurden im vergangenen März im Wesentlichen deshalb 22 Monate verhängt, weil sie für ihren Mann Übersetzerdienste geleistet hatte.

Wäre ihr Urteil in Rechtskraft erwachsen, würde sich die Frau bizarrerweise vermutlich jetzt schon auf freiem Fuß befinden: In Folge des Haftentlastungspakets von Justizministerin Maria Berger (S) werden Ersttäter inzwischen nach Verbüßung der Strafhälfte grundsätzlich auf freien Fuß gesetzt, sofern dem nicht gravierende Gründe entgegenstehen. Zuletzt waren der "Saliera"-Dieb und jener Mann, der vor der US-Botschaft in Wien einen Rucksack mit Sprengstoff deponiert hatte, in den Genuss dieser Regelung gekommen.

Da ihr die in der U-Haft abgesessene Zeit auf ihre Strafe anzurechnen ist, hätte Mona S. mehr als die Hälfte ihrer 22 Monate verbüßt, die mittlerweile allerdings als fiktiv anzusehen sind: Denn während der OGH bei ihrem Mann mehrere Anklagepunkte bestätigte - unter anderem die Nötigung der Bundesregierung und die Aufforderung zu einer mit Strafe bedrohten Handlung -, wurde das über Mona S. gefällte Urteil zur Gänze aufgehoben.

"Sie gilt somit weiter als unbescholten und sitzt seit der OGH-Entscheidung praktisch 'auf Luft' im Gefängnis", gab ihr Verteidiger Lennart Binder im Gespräch mit der APA zu bedenken. Er frage sich, ob die Justiz die 21-Jährige bis zum Verhandlungstermin über weitere Monate in Haft behalten wolle.

Zuletzt hatte das Oberlandesgericht am 25. August einen vom Gericht abgelehnten Enthaftungsantrag des Verteidigers als rechtens bestätigt - einen Tag, bevor der OGH das Urteil der ersten Instanz "kippte". Am vergangenen Dienstag hat Binder einen neuerlichen Enthaftungsantrag eingebracht, der jedoch bisher nicht bearbeitet wurde, da offenbar die Zuständigkeit nicht geklärt ist. (APA)
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Eine historische Entscheidung aus Deutschland, die auch unseren Juristen zu denken geben wird:

LG Hamburg Beschluß vom 8.1.2008, Az.: 619 Qs 1/08

Kurz zusammengefasst:

Der Anwendung des § 94 dStPO wurde eine Absage erteilt und § 100a dStPO als anwendbare Norm deklariert. 100a hat einen wesentlich engeren Anwendungsbereich, da er nur bei aufgezählten Straftaten, die im Einzelfall schwer wiegen und bei denen eine Aufklärung der Tat sonst nicht möglich wäre, zur Anwendung käme.

Bei 94 hatten einige die Meinung vertreten, dass die Sendung vom Absender zum Mailserver und vom Mailserver an den Empfänger durch das Briefgeheimnis geschützt ist. Solange die Mail aber am Mailserver liegt, so die Meinung dieser Juristen, unterläge diese nicht dem Briefgeheimnis. Das ganze wurde Drei Phasen Modell genannt, und die 2. Phase am Server sei eben unegschützt.

Die Argumentation dieses 3-Phasen Modells ist deshalb schon seltsam, weil niemand auf die Idee kommen würde, wenn das Zustellauto der Post bei einer roten Ampel oder im Stau stehen würde, dass für die Dauer des Stillstandes das Briefgeheminis nicht gilt. Online aber schon?

Das ist jetzt aber noch nicht das bemerkenswerte der Entscheidung. Interessant ist der Schlusspassus:
Ergänzend und klarstellend merkt die Kammer an, dass die Anordnung die Strafverfolgungsbehörden nicht dazu ermächtigt, den Zugriff auf die E-Mail-Postfächer - wie beantragt - selbst vorzunehmen. Geschäftssitz des Providers und die Standorte seiner Server befinden sich nicht im Geltungsbereich der StPO. Das unter Zuhilfenahme von technischen Hilfsmitteln “virtuell” vorzunehmende Öffnen eines E-Mail-Postfachs (auch unter Verwendung der den Ermittlungsbehörden bekannten Zugangsdaten) und die Untersuchung der dort abgespeicherten elektronischen Nachrichten wirkt sich auf die räumliche Herrschaftssphäre des Providers, die sich innerhalb eines fremden Hoheits- und Territorialbereichs befindet, unmittelbar aus.
--Harald
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harald
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Post by harald »

Und noch eine Entscheidung, diesmal aus Österreich betreffend rechtsanwaltliche Werbung. Fazit der Entscheidung: Auch Rechtsanwälte müssen Spaß verstehen, das wurde jetzt grudnrechtlich abgesichert :twisted: !

Die Entscheidung ist im RIS zu finden, VfGH 01.12.2007, B 841/07

http://www.eurolawyer.at/pdf/VfGH-B-841-07.pdf
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dejost
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Post by dejost »

Besoffene Postler, die nicht zum Dienst erscheinen und ihre Chefs beschimpfen sind nicht untragbar
Post-Beamter im Zustelldienst, ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst an einem Tag, einschlägige Vorstrafe, gravierende Dienstpflichtverletzung,
noch nicht gänzliche Untragbarkeit, Bindung an aufhebendes Erkenntnis
des VwGH (10.5.2007, 10/15-DOK/05)
Dem Berufungswerber wird angelastet, seinen Dienst an einem bestimmten Tag nicht angetreten und es auch unterlassen zu haben, der Dienststelle den Grund seines Fernbleibens bekannt zu geben. Der Berufungswerber wurde an diesem Tag von seinen Vorgesetzten alkoholisiert in einem Lokal angetroffen.
Milderungsgründe liegen keine vor. Erschwerend ist bei der Strafbemessung der Umstand zu werten, dass über den Beschuldigten im
Jahr 2001 von der erstinstanzlichen DK die Disziplinarstrafe der Entlassung
verhängt worden war, da der Beschuldigte damals über einen Zeitraum von rund sechs Monaten unentschuldigt vom Dienst fern geblieben
war. Aufgrund einer Berufung des Beschuldigten änderte die DOK das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis dahingehend ab, dass anstelle der Entlassung über den Beschuldigten eine Geldstrafe in der
Höhe von fünf Monatsbezügen verhängt wurde. Die DOK begründete ihre damalige Entscheidung damit, dass das Vertrauen der Allgemeinheit
in die Amtsführung des Beschuldigten nicht gänzlich zerstört sei und dem Beschuldigten noch einmal die Chance gegeben werden solle, sich im
Dienst zu bewähren. Weiters wurde über den Beschuldigten mittels Disziplinarverfügung die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt, da er seine unmittelbaren Vorgesetzten unflätig beschimpft und verbal bedroht hatte.
Infolge der massiven Erschwerungsgründe kann daher nur mit der Disziplinarstrafe einer relativ hohen Geldstrafe in Höhe eines Monatsbezuges das Auslangen gefunden werden.

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Eine Entscheidung, die schon lange erwartet wurde: Das Recht auf Universitätszugang ist ein Civil Right im Sinne des Art 6 EMRK!

Mal schauen, was das für Änderungen bei der Behördenzuständigkeit mit sich bringen wird.

Noch schnell die Quelle angegeben für alle Interessierten:
EGMR 23.09.2008, BeschwNr 9907/02
--Harald
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Verfassungsgerichtshof: Scharfe Schelte am Verfassungsgesetzgeber

Ist ein Zwei-Richter-Senat noch ein Senat? Der Asylgerichtshof entscheidet grundsätzlich in Senaten, sofern nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate vorgesehen ist. Die Ausgestaltung ist gerade noch keine Gesamtänderung.

Der Verfassungsgerichtshof hatte sich mit der etwas kurios klingenden Frage zu befassen, ob ein Zwei-Richter-Senat noch ein Senat ist. Art. 129e Abs. 1 der Bundesverfassung sieht nämlich vor, dass der Asylgerichtshof durch Einzelrichter oder in Senaten erkennt. § 9 Asylgerichtshofgesetz führt die Verfassungsbestimmung näher aus. Demnach entscheidet der Asylgerichtshof grundsätzlich in Senaten, sofern nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate vorgesehen ist. Der (einfache) Senat besteht aus einem Richter als Vorsitzendem und einem weiteren Richter als Beisitzer.

Ein Asylwerber aus Nigeria, der vorgebracht hatte, im Zuge von Kampfhandlungen in seinem Bundesstaat um sein Leben gefürchtet zu haben und deshalb seine Heimat verlassen zu haben, rief den VfGH an, nachdem Bundesasylamt und Asylgerichtshof seinen Asylantrag abgewiesen hatten.

Der VfGH prüfte, ob § 9 Abs. 2 Asylgerichtshofgesetz Art. 129e widerspreche. Schließlich, so der VfGH, sei im allgemeinen juristischen Sprachgebrauch und der gesetzgeberischen Praxis seit dem 19. Jahrhundert ein Senat ein Spruchkörper, der aus wenigstens drei Richtern bestehe (U 131/08-13).

Freilich war bereits in den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur B-VG-Novelle aus dem Jahre 2007 ausgeführt worden, dass die Senate des Asylgerichtshofs (nur) aus zwei Richtern bestehen sollten. Der VfGH nahm daher an, dass der Verfassungsgesetzgeber Art. 129e einen vom allgemeinen juristischen Sprachgebrauch abweichenden Begriff des „Senats“ zugrunde gelegt habe.

Der VfGH erteilte dem Verfassungsgesetzgeber dennoch eine scharfe Schelte: Die mit der Einführung des Asylgerichtshofs bewirkte erhebliche Absenkung des rechtsstaatlichen Standards verwaltungsgerichtlicher Kontrolle erreiche gerade noch nicht jenes Ausmaß, bei dem die Verfassungsnovelle als Gesamtänderung der Bundesverfassung zu qualifizieren wäre. Damit will der VfGH augenscheinlich – und zu Recht! – allfälligen Bestrebungen, in anderen Verwaltungsbereichen ähnliche Konstruktionen zu schaffen und sie der Kontrolle des VwGH zu entziehen, entgegentreten.

Fragen ließe sich freilich, ob Art. 129e Abs. 1 ungeachtet der entgegenstehenden Erläuterungen, die ja selbst keinen normativen Charakter beanspruchen können, nicht „bauprinzipienkonform“ hätte ausgelegt werden können, und zwar in dem Sinne, dass ein Senat begrifflich einen Spruchkörper bestehend aus mindestens drei Personen voraussetzt. Dies hätte zur Aufhebung des § 9 Abs. 2 des Asylgerichtshofgesetzes führen müssen.

In der Sache bekam der Asylwerber im Übrigen formal Recht: Der Asylgerichtshof hatte pauschal Teile des angefochtenen Bescheids zum Inhalt seiner eigenen Entscheidung gemacht. Der Asylgerichtshof sei, so der VfGH nicht mit einer gewöhnlichen Berufungsbehörde vergleichbar, bei der eine solche Praxis durch die Judikatur des VwGH gedeckt ist. Schließlich unterliege die Entscheidung des Asylgerichtshofs keiner weiteren verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung einer gerichtlichen Entscheidung widerspreche es, wenn sich Sachverhalt, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung nicht aus dieser selbst, sondern erst aus der Zusammenschau mit der Entscheidung der unterinstanzlichen Verwaltungsbehörde ergebe. Der Asylgerichtshof wird diese Hausaufgabe im ergänzten Verfahren erledigen müssen.

Univ.-Doz. Dr. Bußjäger ist Landtagsdirektor von Vorarlberg und Direktor des Instituts für Föderalismus in Innsbruck.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2009)
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ORF.at wrote:Die österreichische Regelung über die Buchpreisbindung ist EU-rechtswidrig. Es handelt sich um eine Verletzung der in der EU geltenden Warenverkehrsfreiheit.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) teilte heute mit, dass "das Verbot für Importeure deutschsprachiger Bücher, einen vom Verleger im Verlagsstaat festgesetzten oder empfohlenen Letztverkaufspreis zu unterschreiten, eine Behinderung des freien Warenverkehrs darstellt, die nicht gerechtfertigt werden kann".
Bin mal gespannt auf weitere Details und Reaktionen.
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Und heute noch eine zweite Entscheidung. Diesmal (weniger aufgrund des Ergebnisses, sondern hinsichtlich der Vorgeschichte) eher kurios angehaucht:
Kritik am Asylwesen ist keine Weltanschauung

WIEN. Der Job eines Richters besteht nicht nur aus trockenen Gesetzestexten. Er kann auch philosophische Züge haben – etwa, wenn man den Begriff „Weltanschauung“ interpretieren muss.

Alles begann mit einem Buch: Im November 2004 stellte Hofrat W., hochrangiger Beamter der Asylbehörden, im Wiener Presseclub Concordia sein Werk vor. Es befasste sich mit Fallbeispielen aus dem Bundesasylamt. Im Vorwort des Buches nahm sich Herr W. kein Blatt vor dem Mund. Auch wenn immer die Gefahr bestehe, leichtfertig als links- oder rechtslastig abgestempelt zu werde, müsse man bestimmte Punkte publik machen: Es bedürfe einer Aufklärung, warum 65% der Österreicher Personen aus Osteuropa, Asien und Afrika als Belastung und nur neun Prozent als Nutzen sehen. Das Asylwesen sei zu einem Tummelplatz für kriminelle Menschen geworden. „Österreich wirkt mit seinem Asylwesen und seiner exzessiven Rechtsprechung eben wie ein Magnet auf diese Menschen, die vielfach vom Schlaraffenland träumen“, schrieb der Hofrat. Sein Buch sei ein „Zustandsbericht dessen, „was bei unseren Behörden mangels praxisgerechter gesetzlicher Handhabe nicht funktioniert“.

Am Tag nach der Buchpräsentation wurde dem Juristen von seinem Vorgesetzten die Befugnis zur Bescheidapprobation entzogen. Ein paar Tage später wurden die Schreibkräfte der Dienststelle des Herrn W. angewiesen, keine Telefonate mehr an den Kläger durchzustellen. In weiterer Folge erstattete die Behörde eine Disziplinaranzeige wegen des dringenden Verdachts der Verletzung der Amtsverschwiegenheit. Dem Buchautor wurde überdies die Weisung erteilt, nur mehr nach vorheriger Absprache mit dem Kabinett des damaligen Innenministers Ernst Strasser mit Medien zu reden. Diese Weisung missachtete der Jurist und sprach weiterhin mit Journalisten. Die nächste Disziplinaranzeige folgte.

Im Juli 2005 beschwerte sich der Hofrat bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission über die Vorkommnisse in seinem Arbeitsumfeld. Die Kommission kam in einem Gutachten aber zum Schluss, dass keine Diskriminierung aufgrund einer Weltanschauung festgestellt werden konnte. Nun ging es zum Gericht: Der Hofrat verlangte wegen der von ihm behaupteten Diskriminierung 21.000 Euro von seinen Vorgesetzten. Herr W. gab an, dass er aufgrund seiner Weltanschauung im Zusammenhang mit dem Wesen und der Handhabung von Asyl einer „Belästigung“ am Arbeitsplatz ausgesetzt sei. Man habe ihm gegenüber eine einschüchternde, feindselige, entwürdigende, beleidigende beziehungsweise demütigende Arbeitswelt geschaffen.

Mit seiner Klage blitzte der Jurist aber quer durch alle Instanzen ab, bis hin zum Obersten Gerichtshof (9 Ob A 122/07t). Die Höchstrichter hielten fest, dass der Begriff der Weltanschauung in der juristischen Literatur europaweit unterschiedlich beantwortet werde. Mit Sicht auf die Materialien des österreichischen Gesetzgebers ergebe sich aber, dass der Oberbegriff Weltanschauung „zwar eng mit dem Begriff ,Religion‘ verbunden ist, aber auch als Sammelbezeichnung für andere Leitauffassungen vom Leben und von der Welt als einem Sinnganzen sowie zur Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standorts für das individuelle Lebensverständnis dient“. Weltanschauungen seien keine wissenschaftlichen Systeme, „sondern Deutungsauffassungen in der Form persönlicher Überzeugungen von der Grundstruktur, Modalität und Funktion des Weltganzen“.

Die Conclusio der Höchstrichter nach all diesen Erwägungen: Bloß kritische Auffassungen über die derzeitige Asylgesetzgebung und -praxis seien noch keine Weltanschauung. Dafür würden auch die Äußerungen des Juristen in seinem eigenen Buch sprechen: Dort verweise er in seinem Vorwort ja selbst auf seine „objektive, von politischer Ideologie freie Haltung“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2009)
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Unzulässige Behinderung fermder Werbung, wenn ein Medienunternehmen in einem Lichtbild, das im Rahmen eines redaktionellen beitrags abgedruckt wird, Werbeaufschriften eines Mitbewerbers entfernt oder überdeckt, zu deren zeigen der Abgebildete aufgrund eines Sposorvertrages verpflichtet ist.
OGH 18.11.2008, 4 Ob 185/08x
Der Fall firmiert auch unter "Logoretusche"

An sich nicht so aufregend, allerdings schlimm wenn man den Sachverhalt dazu liest.

Es ging um Berichterstattung um einen Sportler des ö. Schiverbandes, dessen Unterschenkel amputiert wurde. Und veröffentlicht hat die Bilder die Tageszeitung "Ö".
--Harald
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harald
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Intel und Marktmißbrauch? Muss man dazu viel schreiben? Vermutet habe es einige. Jetzt hat die EU Kommission eine Strafe von 1,06 Milliarden € ausgesprochen.

Amd freut sich natürlich (und kriegt auch gleich einen Auftrag von der EU). :twisted:

Intel will gegen die Strafe Klage erheben. Gilt da jetzt eigentlich die Unschuldsvermutung? In dubio ja jedenfalls. :wink:
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Unter den Stichworten "Kartellrechtliches Missbrauchsverbot, unterpreisiges 'Kombi-Paket'" findet sich die OGH Kartellobergericht Enstcheidung 16 Ok 13/08 vom 19.01.2009.

Der OGH hat als Kartellobergericht festgestellt, dass ein Kombi-Paket (Festnetz, Breitband-Internet, Mobiltelefonie) mit Gesamtpreis € 16,58 bzw. € 21,58 einen Mißbrauch marktbeherrschender Stellung darstellt.

Betroffen sind rund 250.000 Kunden.

Interessant und mit einem gewissen Unbehagen wird vom OGH weiter festgestellt, dass ein Eingriff in die Rechtsposition der Kunden nur dann möglich sei, wenn die durch den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung hervorgerufene marktstörung derart schwerwiegend wäre, dass sie auf keine andere Weise beseitigt werden könnte.

:shock:

Bei 250.000 Kunden im Festnetzbereich und einem unterpreisigen Angebot befürchte ich da das Schlimmste! Ich bin gespannt auf die neuerliche Entscheidung des Erstgerichts!
--Harald
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harald
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Und nochmal eine Paketenetscheidung, hier eine einstweilige Verfügung. Diesmal ist der Hintergrund ein Wettbewerbsrechtlicher, nämlich § 2 UWG. Geklagt wurde gegen die Werbung für AON TV, im speziellen gegen den teil "ab € 4,90". Bemängelt wird der mangelnde Hinweis auf die Notwendigkeit des Bezugs grundgebührenbehafteter Telefonie und Internetprodukte ebenfalls von AON.

Na bumm, da gehts zu!
--Harald
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harald
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Post by harald »

Als letzte Entscheidung für heute, ein wichtiges Urteil des EuGH, dass sich auf Unternehmen und öffentliche Stellen extrem auswirken wird!

EuGH 03.04.2008, C-306/06

Worum geht es: Es gibt eine Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Rechtsverkehr (2000/35/EG).

Nun ergibt sich aus dem Urteil und dem ausdrücklichen Wortlaut der RL (im speziellen Art 3 Abs 1) eine - aufgepasst - Bringschuld für Geldschulden!

Das heißt, nicht die rechtzeitige Absendung, sondern das rechtzeitige Einlangen ist ausschlaggebend.

Was ist wichtig zu erwähnen: Betroffen sind Unternehmen (beiderseitiges Unternehmergeschäft) und öffentliche Stellen. Es dürfte sich um zwingendes Recht handeln (ergibt sich aus Erwägungen zur RL, so argumentiert auch Hackl, Neuordnung des Zahlungsverzugsrechts, ZVB 2009/36, Seitenzahl auf meiner Kopie unleserlich, schätze mal 147).

Also, jetzt heißt es die für die Überweisung üblichen Bankwerktage miteinzuberechnen! Ab 1. November dauern Überweisungen innerhalb der Gemeinschaft drei Tage, ab 2012 nur noch einen Tag, wobei bei Überweisung in Papierform ein weiterer Tag in Anspruch genommen werden kann. Inland ist gleich zu behandeln (siehe http://www.kurier.at/geldundwirtschaft/126539.php)

Bin neugierig, ob bei der Umsetzung, die noch immer fehlt und weshalb von einer direkten Anwendbarkeit auszugehen ist, die (qualifizierte) Schickschuld generell fällt oder für den nichtunternehmerischen Berech aufrechterhalten wird. :roll:
--Harald
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harald
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Erfolgt eine Überweisung unter Verwendung einer gephishten TAN, so ist die Zurechnung von Willenserklärungen des unberechtigt Handelnden nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht abzulehnen.

Das bedeutet: Die Bank darf eine Rückbuchung des gephischten Betrages vom Überweisungsempfänger durchführen.

Wichtig in diesem Fall: Ein Fehlverhalten des Opfers bei der Geheimhaltung der TAN konnte nicht festgestellt werden!

OGH 19.02.2009, 2Ob107/08m
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Beides wurde mir durch die Presse bekannt:

Fall 1
Namensrecht, Amtshaftung
Google ist kein Beweis
Keine Amtshaftung bei vertretbaren Ansichten, selbst wenn sie falsch sind

Jemand wollte sein Kind Jan-Maurice nennen.
Das Standesamt Klosterneuburg hat gesagt, "sicher nicht", wobei es sich ua auf ein Gutachten eines Wissenschafters berufen hat.
In Wien konnte der Mann aber den Namen seines Kindes aber auf Jan-Maurice ändern lassen. Die Kosten dafür (500-600€) wollte er sich in Klosterneuburg wirderholen.

OLG (14 R 97/09a):
Das Erstgericht wies das Klagsbegehren ab. Auch das Oberlandesgericht
Wien hielt fest, dass es nicht für jede Fehlentscheidung eine Amtshaftung gibt, sondern nur bei rechtswidrigem und schuldhaftem Handeln. Eine unrichtige, aber vertretbare Rechtsauffassung könne keinen Amtshaftungsanspruch begründen.
Der Standesbeamte habe seine Ansicht aber auf ein sprachwissenschaftliches Gutachten und das Internationale Handbuch der
Vornamen gestützt. Den Vorwurf des Vaters, der Standesbeamte
habe nicht via Google recherchiert, ließ das Gericht nicht gelten:
Die Eintragung des Namens „Jan-Maurice“ in Google würde nichts darüber aussagen, ob der Name tatsächlich beurkundet ist.
Ob überhaupt die Wiener Ansicht "richtiger" ist als die aus Klosterneuburg, sei mal dahingestellt.

2.
4Ob68/09t
Titelführungsrecht
Ausländische Titel dürfen nicht so abgekürzt werden, dass sie mit inländischen verwechselt werden können.
Einem Villacher Zahnarzt wurde in Rumänien Ehre zuteil:
Die Universität Sibiu verlieh ihm in Anerkennung seiner beruflichen
Qualifikation und seiner wissenschaftlichen Erfolge den Titel „Visiting Professor in Dental Medicine“ (Gastprofessor für Zahnmedizin). Die Kurzform dafür lautet in Rumänien „Prof. Dr. Med. dent.“ Verliehen wird der Titel in der Regel für einen Zeitraum von fünf Jahren.
Er führte den Titel fortan in Form von Prof.
Das Ministerium antwortete auf sein Ansuchen, dass die Führung des Titels „Professor“ beziehungsweise „Prof.“ nicht rechtskonform sei.
Denn es bestehe die Gefahr einer Verwechslung mit einem österreichischen Amts- oder Berufstitel.
Der Titel Professor sei dem Zahnarzt aber weder von einer österreichischen Universität oder Hochschule noch vom Bundespräsidenten verliehen worden. Hingegen spreche nichts gegen die Führung des vollen Titels „Visiting Professor in Dental Medicine“ oder der
Kurzform „Vis. Prof.“ samt Hinweis auf den Verleihungsort in Sibiu.
Der Titel sei dabei hinter den Namen zu stellen.
Er hat sich trotzdem Prof genannt und in Folge wurde eine einstweilige Verfügung dagegen erlassen, die auch beim OGH hielt.
Last edited by dejost on 27 Aug 2009, 22:33, edited 1 time in total.

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OGH 25.03.2009, 2Ob216/08s

Teerflecken im Fünf-Sterne-Hotel, dei von einem Bitumenmangel einer nahegelegenen Gemeindestraße herrühren, sind eine nicht ortsübliche Immission und unterliegen daher dem Ausgleichsanspruch nach § 364 a ABGB, auch hinsichtlich der Adäquanz unter dem Gesichtspunkt des sorglosen Verhaltens mancher Hotelgäste.

Siehe auch 6Ob642/88 - Jauche von öffentlicher Straße auf Privatparkplatz
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Und mal wieder die liebe Bankomatkarte im Strafrecht:
Aufgeladene Quick-Chip-Karten kommt Wertträgereigenschaft zu. Bankomatkarten ohne aufgeladen Quick-Chip-Funktion kommt auch dann keine Wertträgereigenschaft zu, wenn dem Täter der Bankomatcode bekannt ist oder bekannt wird.
OGH 17.02.2009, 14Os180/80i

Ich habs vor allem wegen dem zweiten Satz hier reingestellt, das war glaub ich noch umstritten in der Lehre.

Frage an die Praktiker: Soll man nun die Quick Chip Karte mit 101 Euro aufladen, damit ein evetueller Gewahrsamsbrecher einen zusätzlichen TB erfüllt und dies bei den Erschwerungsgründen entsprechend berücksichtigt wird oder nicht?
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Eine (von mir lang ersehnte) Entscheidung des EuGH ist da:

EuGH 18.06.2009, RS C-88/08
Urteil aufgrund Vorabentscheidungsersuchen des OGH vom 07.02.2008, 9ObA34/07a
Die Art. 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die, um die allgemeine Bildung nicht gegenüber der beruflichen Bildung zu benachteiligen und die Eingliederung jugendlicher Lehrlinge in den Arbeitsmarkt zu fördern, bei der Festlegung der Dienstaltersstufe von Vertragsbediensteten des öffentlichen Dienstes eines Mitgliedstaats die Berücksichtigung von vor Vollendung des 18. Lebensjahrs liegenden Dienstzeiten ausschließt.
Im Endeffekt wird es sich nur marginal bei mir auswirken, aber immerhin werden die wenigen Tage beim Bundesheer, die ich vor Vollendung meines 18. Lebensjahr abgeleistet habe, endlich angerechnet werden, so hoffe ich. Mal schauen, wie stur meine Dienstbehörde auf ein Korrekturansuchen meiner Stichtage reagieren wird, wenn ich das Urteil dazuhefte!
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Vor allem Beamte aufgepasst! Dienstzettel sind laut Gutachten von Dr.
Gabriele Kucsko-Stadlmayer eine Weisung. Haben zwar bisher schon einige vermutet, aber jetzt dürfte die Sache edlich eindeutig geklärt werden.

Anlassfall ist ein Dienstzettel des burgenländischen Landeshauptmann-Stellvertreters Franz Steindl (ÖVP) an die Gemeindeabteilung, dass die Causa (Errichtung des Seniorenzentrums) "positiv" zu erledigen sei.

Details hier:
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20090826_OTS0110
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Was ist ein Dienstzettel?

Wenn mir meine Chefin so Post-Its auf den Akt klebt, wo drauf steht, was ich machen soll, ist das dann auch eine Weisung?
(Habe es jedenfalls immer so aufgefasst)

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Siehe § 22 Büroordnung 2004:
§ 22. (1) Ressortinterne Erledigungen sind schriftliche Äußerungen an Personen oder Organisationen im ELAK-System innerhalb des Ressorts.
(2) Ressortinterne Erledigungen sind im ELAK-System zu verfassen und elektronisch gemäß § 13 vorzuschreiben. Sie können in Form von
1.
internen Erledigungen (Dienstzettel)
2.
Stellungnahmen im Vorschreibungsweg (Einsichtsbemerkung)
vorgenommen werden.
[...]
(5) Interne Erledigungen haben zu enthalten:
1.
die Geschäftszahl,
2.
eine Gegenstandsbezeichnung,
3.
den Erledigungstext,
4.
den Namen,
5.
die e-mail-Adresse,
6.
die Telefonnummer des/der Bearbeiters/Bearbeiterin,
7.
den Namen des/der Genehmigenden sowie
8.
das Datum der Genehmigung.
Gibts bei euch keine Büro-, Kanzleiordnung oder wie immer sie auch heißen mag?
--Harald
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hätte ich noch nie gehört, und ich muss immerhin für die dienstprüfung auch dienstrecht, organisationsrecht, personalvertretungsrecht etc etc lernen.
würde mich überraschen, wenn es da ein pendant gebe, und das in meiner gesamten zeit nicht mal beiläufig erwähnt werden worden wäre.

jetzt wo ich die bestimmung gelesen habe muss ich aber sagen, dass das eine weisung ist, ist schon sehr, sehr, sehr naheliegend.


hm, was mache ich jetzt mit den post its.
dadurch dass sie am akt bzw zumeist am einem konkreten schriftstück picken, ist gz, gegenstand etc klar.
erledigungstext steht auch drauf, name auch.
emailadresse ist für digitale erledigungen relevant, bei uns ist aber alles analog.
der bearbeiter bin ich, mir muss man meine telnr nicht sagen.
der name des genehmigenden ist der gleiche wie oben.
das datum ist der tag des einlaufs des jeweils letzten schriftstück.

naja, etwas zu lückenhaft für eine analogie.
ich tu trotzdem immer, was draufsteht.

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Link

Ob der Link funktioniert weiß ich nicht, falls schon steht drinnen, dass die EU-Staaten Internetwetten verbieten können.

http://futurezone.orf.at/stories/1626631/
In Ermangelung einer Harmonisierung des Bereichs der Glücksspiele durch die EU stehe es den Mitgliedsstaaten frei, die Ziele ihrer Politik in diesem Bereich festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen, erklärte der EuGH.

"Gleichwohl müssen die Beschränkungen, die die Mitgliedsstaaten vorschreiben können, bestimmten Voraussetzungen genügen: Sie müssen geeignet sein, die Verwirklichung der von dem betroffenen Mitgliedsstaat geltend gemachten Ziele zu gewährleisten, und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung der Ziele erforderlich ist. Schließlich dürfen sie jedenfalls nicht diskriminierend angewandt werden."
Glücksspiele bergen nämlich in Anbetracht der Höhe der Beträge, die mit ihnen eingenommen werden können, und der Gewinne, die sie den Spielern bieten können, eine erhöhte Gefahr von Betrug und anderen Straftaten
Bwin freut sich naturgemäß weniger, fordert aber weiterhin einen einheitlichen Rechtsrahmen dafür.
Last edited by dejost on 12 Mar 2012, 13:57, edited 1 time in total.

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Folgender Artikel ist mir heute in die Hand gefallen:

Zellhofer und Denk, Gebrauchte Software: Behandlung von Angeboten über "gebrauchte Volumenlizenzen", ZVB 2009/64

Vorweg, den vergaberechtlichen Teil blende ich mal aus.

Die beiden Autoren vertreten die Ansicht, entsprechend einem Urteil des OLG München v. 03.07.2008, 6U2759/07, dass der Erschöpfungsgrundsatz nur auf körperliche Werkstücke Anwendung findet und somit nicht auf Volumenlizenzen anwendbar ist.

Kurz zum Erschöpfungsgrundsatz für alle nicht so im Urheberrecht bewanderten. Wird ein Werkstück mit zustimmung des Urhebers in Verkehr gebracht, so ist gemäß § 16 Abs. 3 UrhG das Verbreitungsrecht im Binnenmarkt erschöpft. Das heißt, der Käufer kann dieses körperliche Werkstück weiterverkaufen.

Genau dieser Grundsatz soll laut den Autoren nicht erfüllt sein, da das Verbreitungsrecht von den Volumenlizenzen nicht erfasst ist, hier soll lediglich ein Vervielfältigungsrecht eingeschlossen sein.

Ich hab meine Zweifel an der Conclusio dieses Artikels, denn immer mehr Lizenzen, auch Enduser Lizenzen werden per Verkauf über Internet abgeschlossen, bei dem es gerade kein Werkstück mehr gibt. Ich halte das Ergebnis für Umgehung der Userrechte!
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Lange nix Neues, auch diesmal inhaltlich nichts Besonderes, aber zumindest aufgrund der Bekanntheit erwähnenswert:

Die amerikanische Gesellschaft, die die Rechte an James Bond Filmen verwaltet, ist nun in einem markenrechtlichen Verfahren mit den Marken "Dr. No" und "Dr. NO" unterlegen, da der Beweis der Benutzung des Titels in den MS, in denen er als Marke eingetragen ist, nicht erbracht werden konnte.

EuG 30.06.2009, Rs T-435/05 (Danjaq LLC [Dr. No])
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Und jetzt was tolles für die armen, geplagten Verbraucher:

Eine Fernsprechgesellschaft hat als Gerichtsstand den Firmensitz festegelegt. Der EuGH stellt fest, dass solche Klauseln aufgrund der Zielsetzung der (Verbraucherschutz)RL von Amts wegen auf ihre Mißbräuchichkeit zu prüfen sind. Der Verbraucher ist diesbezüglich zu manuducieren und nur bei ausdrücklichem Verzicht auf Bekämpfung der Klausel ist diese weiter anzuwenden.

EuGH 04.06.2009, Rs C-243/08 (Pannon GSM Zrt/Erzsébet Sustikné Györfi)
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Rechtsakte ohne ausreichenden Rechtsschutz dagegen sind in Österreich aufgrund des Gleichheitssatzes und des Rechtsstaatsprinzips nicht zulässig. So zuletzt der VfGH am 12.03.2009, G 164/08 in Sachen Warnliste Finanzmarktaufsicht (FMA).

Auch das EuG springt auf diesen Zug auf, und zwar in Hinblick auf die VO des Rates, mit dem die Guthaben und Vermögenswerte von Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, von den MS einzufrieren sind. Dies deshalb, da die Gründe der Aufnahme in die Liste und die zur Last gelegten Umstände nie mitgeteilt wurden und somit eine ausreichende Verteidiungsmöglichkeit nicht gegeben war. Damit kommt das EuG zum Ergebnis, dass es sich um eine ungerechtfertigte Beschränkung des Eigentumsrechts handelt.

EuG 11.06.2009, Rs T-318/01 (Omar Mohammed Othman)

Fast könnte man sagen, der VfGH hat ein gutes Gespür für richtungsweisende Entscheidungen! :)
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http://www.vfgh.at/cms/vfgh-site/attach ... g80-09.pdf

Nebengebühren für Bundesbeamte wurden ohne Rechtsgrundlage ausbezahlt. Bis 31.10.10 hat der Gesetzgeber Zeit, das zu reparieren, sonst können sie nicht mehr ausbezahlt werden. Das wäre zwar wohl für das Budget gut (18% der Entgeltleistungen sind laut RH Nebengebühren), würde aber sonst wohl zu einem Aufstand führen.

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Ein Urteil, das für viele Diskussionen sorgt:

Lautsi v. Italy (application no. 30814/06)

Demnach spricht sich der Menschenrechts-Gerichtshof gegen Kruzifixe in Schulen aus.

Aus meiner Sicht ein Schuss ins eigene Knie!

Eine toller Artikel dazu ist in der Presse unter dem Titel
An dem Ast sägen, auf dem man sitzt
erschienen:
http://diepresse.com/home/meinung/komme ... 4/index.do
Last edited by harald on 12 Mar 2012, 13:07, edited 1 time in total.
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http://help.orf.at/?story=9657
Banken müssen für Sparbücher Zinsen bezahlen. Wie das Konsumentenschutzministerium heute mitteilte, hat der Oberste Gerichtshof (OGH) Zinsgleitklauseln, die vorübergehend zu einem Entfall der Verzinsung führen können, für gesetzwidrig erklärt. Zur Frage einer angemessenen Mindestverzinsung hat sich der OGH nicht geäußert.
Der Kunde eröffne ein Sparbuch selbstverständlich zu dem Zweck, mit ihm einen Zinsertrag zu erzielen. Es sei - so der OGH im Ergebnis - daher nicht zulässig, wenn die Bank das Sparbuch mit Hilfe derartiger Vertragsklauseln dazu verwende, sich vorübergehend kostenlos Liquidität zu verschaffen, schreibt das Ministerium.

Keine Aussage mache der OGH zur Frage, wie hoch eine angemessene Mindestverzinsung sein müsste. Nach Ansicht des Konsumentenschutzministeriums macht es aber "wirtschaftlich zweifellos keinen ins Gewicht fallenden Unterschied, ob man für sein Sparbuch Null Prozent oder 0,0625 Prozent bzw. 0,125 Prozent Zinsen erhält, wie das bei einigen Banken der Fall sei.
Diese Berechnungsformel hat für den Sparbuchinhaber einen Haken: Sinken die Geldmarktzinsen stark, kommt es rechnerisch zu negativen Sparbuchzinsen. So betrug etwa der Wert des 3-Monats-EURIBOR im Oktober 2008 noch 5,11Prozent; derzeit ist er auf 0,72 Prozent gefallen. Bei allen Sparbüchern, die im Oktober 2008 mit einem Zinssatz von weniger als 4,39 Prozent eröffnet wurden, ergäbe sich also derzeit eine negative Verzinsung.

Um das zu verhindern, sehen die Zinsgleitklauseln immer auch eine Mindestverzinsung vor, die nicht unterschritten werden kann. Allerdings sind diese Mindestverzinsungen verschwindend gering. Bei den meisten Banken liegt die Mindestgrenze bei 0,125 Prozent; bei einem Teil der Banken sogar bei 0,0625 Prozent oder Null Prozent. Aufgrund solcher Regelungen haben die Banken derzeit die Möglichkeit, sich teilweise praktisch kostenlos mit Liquidität zu versorgen.
Die Banken haben noch keine Stellungnahme abgegeben.

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In letzter Zeit häufen sich in meinem Umkreis die Berichte über schlechte anwaltliche Leistungen. Auch die ÖJZ hat nun ein Beispiel einer potentiellen schlechten Leistung abgedruckt:

Frau wird gekündigt. Während der Küdigungsfrist stellt sie den Antrag beim Bundessozialamt, dass eine Feststellung erfolgt, dass sie eine begünstigte Behinderte ist. Das Bundessozialamt ist schnell und stellt den Bescheid noch vor Ende der mündlichen Verhandlung erster Istanz aus und zu.

Der Rechtsvertreter hat eine Kündigungsnafechtungslage eingebracht (das wär ja in Ordnung). Dann hat er auf Feststellung eines aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses die Klage umgestellt. Auch nicht schlecht, wenn ein rechtskräftiger Bescheid des Bundessozialamts zum Ende der mündlichen Verhandlung erster Istanz vorliegt. Und hier kommts dick. Der Bescheid war natürlich noch nicht rechtskräftig. Begründung: Die Bescheidadressatin hat nicht auf das ihr zustehende Berufungsrecht verzichtet. Hätte sie das getan, wäre der Bescheid sofort in Rechtskraft erwachsen.

Einziger Hoffnungsschimmer: Der Bescheid hat Tatbestandswirkung, nicht nur Beweisfunktion, deshalb könnte eine neue Feststellungsklage eingebracht werden. Ob das passiert ist, wieß keiner.

Quelle: ÖJZ 2010, 28
OGH vom 04.08.2009, 9 ObA 48/08m
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Der Fluch des dreigliedrigen Studiums setzt sich fort:

Nicht nur ein Jahr länger studieren muss man, wenn man nunmehr aufgrund des Bolognaprozesses einen dem Magister gleichwertigen Studienabschluss erreichen will, nein, auch die Unterhaltsverpflichteten trifft nunmehr dieses Modell in Form einer verlängerten Unterhaltsverpflichtung.

Denn es geht nicht um die Prognose, ob durch weiterführende Studiengänge mit Sicherheit eine Verbesserung der Berufs- und Einkommenschancen einhergeht, sondern um das Ziel der Berufsvorbereitung und der Erweiterung der beruflichen Möglichkeiten.

Mit anderen Worten: Der OGH entwertet selbst den Abschluss eines Bachelors, der ja auch zu einem früheren Berufseinstieg führen "soll". Oder soll man jetzt schon sagen "hätte sollen"?

Ich find die Entscheidung daneben. Das führt nämlich de facto zu Unterhaltszahlungen über die bisher gerne ins Auge gefasste Richtgrenze des vollendeten 27. Lebensjahres hinaus und man wird jetzt wohl 30 als neue Grenze für langsamere Studierende annehmen müssen.

Umso mehr kann ich nur sagen: Mann hüte sich vor Ehescheidungen bei denen Kinder involviert sind!

Führt aber zu dem lustigen Ergebnis, dass die Kinder die Pensionen über Steuern finanzieren sollen, was sie aufgrund eines langes Studiums aber nicht können, dafür werden spät entschlossene Eltern und somit junge Pensionisten zur Erhaltung der Kinder gezwungen. Ein Treppenwitz?

OGH vom 04.08.2009, 9 Ob 63/08t
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harald wrote:Mit anderen Worten: Der OGH entwertet selbst den Abschluss eines Bachelors, der ja auch zu einem früheren Berufseinstieg führen "soll". Oder soll man jetzt schon sagen "hätte sollen"?
imho: ja

harald
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Und wieder den Wortschatz erweítert:

Digtiale Vaginalpenetration ist auch eine telefonische Aufforderung zu geschlechtlicher Handlung

OGH 09.09.2009, 15 Os 100/09h
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Aus dem Newsletter der RDB:
7353) Zur Frage, ob durch Anbieten von unlizenzierten Ton- und Bildträgern auf
der Website "www.ebay.at" ein österreichischer Tatort iSd § 67 StGB
begründet wird

Das Anbieten auf der Website "www.ebay.at" sowie die Abwicklung der Bezahlung
über eine österreichische Bank indiziert objektiv und subjektiv für die
Dauer der Abrufbarkeit via Internet ein in Österreich verwirklichtes
Feilhalten; durch Zustellung des Werkstücks in Österreich wird unbefugtes In-
Verkehr-Bringen im Inland verwirklicht; zufolge österreichweiter
Abrufbarkeit des Kaufanbots der über www.ebay.at feilgehaltenen Ton- und
Bildtonträger wird jeder Ort in Österreich zu einem inländischen Tatort iSd
§ 67 Abs 2 StGB.

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Derzeit stehen einige Entscheidungen in Verfahren an, die Google betreffen.

Beim Anzeigendienst Ad Words haben sie zumindest mal ein Verfahren gewonnen.
Google hat dadurch, dass es Werbenden die Möglichkeit bietet, Schlüsselwörter zu kaufen, die Marken von Mitbewerbern entsprechen, nicht das Markenrecht verletzt

Pressemitteilung Nr. 32/2010 : 23. März 2010
http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs ... 0032de.pdf
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Fotos von Räumen an denen urheberrechtlich geschützte Bilde hängen und die im Internet dann publiziert werden, sind zulässig. Der genaue Rechtssatz ist hier nachzulesen:

Voraussetzung einer an die Zustimmung des Urhebers geknüpften Werkverwertung in Form der Vervielfältigung, Verbreitung oder Zurverfügungstellung ist es, dass das Werk in der verwerteten Form annähernd den sinnlichen Eindruck des Originalwerks in seinen wesentlichen schöpferischen Zügen vermittelt, mag es auch infolge Bearbeitung nicht dessen Originalgröße aufweisen.
Quelle: OGH 23.02.2010, 4 Ob 208/09 f
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http://futurezone.orf.at/stories/1658102/
Ein simpler Eierbecher mit der Bezeichnung "eiPott" könnte mit dem technisch ausgefeilten Musikabspielgerät iPod der Firma Apple verwechselt werden - urteilte das Hanseatische Oberlandesgericht. Jetzt muss sich der Hersteller koziol aus dem deutschen Ort Erbach im Odenwald einen neuen Namen für sein Produkt einfallen lassen.

Wie ein Sprecher des Gerichts am Freitag in Hamburg mitteilte, erwirkte Apple eine einstweilige Verfügung. Sollte der "eiPott" weiter unter dieser Bezeichnung vertrieben werden, werde ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro fällig. "EiPott" sei eine "künstliche Wortschöpfung", begründete das Gericht - und zudem als Bezeichnung für einen Eierbecher unüblich.
Eine einstweilige Verfügung ist noch gar nix, und dass Apple diese Art von Verein ist, wissen wir alle. Ich hab's eigentlich gepostet, weil der Hersteller koziol heißt.

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orf.at wrote: EuGH: Lego-Stein ist keine Marke

Der weltbekannte Lego-Spielzeugstein ist keine geschützte Marke. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) heute in Luxemburg entschieden.

Der Stein als solcher sei mit seinen zylindrischen Noppen - Lego hatte Markenschutz für den „klassischen“ Stein mit acht Noppen in zwei Reihen beantragt - keine Marke. Ein Zeichen, das ausschließlich aus der Form der Ware besteht, die erforderlich ist, um in diesem Fall damit etwas zusammenbauen zu können und damit eine technische Funktion zu erfüllen, kann laut EU-Recht keinen Markenschutz bekommen, lautet die Begründung.

Die höchsten EU-Richter entschieden damit endgültig gegen den dänischen Spielzeughersteller. Dieser hatte nach einer Klage des kanadischen Konkurrenten Mega Brands bereits 2008 eine Niederlage vor dem erstinstanzlichen Gericht hinnehmen müssen, gegen die er Beschwerde eingelegt hatte. In dem Verfahren ging es nicht um den Schutz des rot-weißen Lego-Firmenlogos.
Dass die funktionelle Form keine Marke ist, hätte ich eh auch so gesehen, aber beim Legostein wäre ich mit der Verkehrsgeltung gekommen.

harald
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VKI-Sieg: OLG untersagt Zahlscheinentgelt


Im Auftrag des BMASK hatte der VKI gegen Mobilfunkbetreiber und Versicherungen Verbandsklagen wegen der sogenannten "Zahlscheingebühr" eingebracht. Nun bestätigt – nach vier erfolgreichen Urteilen in erster Instanz (drei gegen Mobilfunker, eines gegen eine Versicherung) - in zweiter Instanz auch das Oberlandesgericht Wien das Urteil gegen T-Mobile: "Strafentgelte" für die Bezahlung mit Zahlschein sind seit Inkrafttreten des Zahlungsdienstegesetzes (ZaDiG) am 1.11.2009 in Österreich gesetzwidrig.

Das OLG Wien begründet seine Rechtsansicht ausführlich und räumt dabei jeden Zweifel aus, dass die österreichische Regelung etwa - wie von T-Mobile eingewendet - nicht europarechtskonform sei: Unternehmen, wie T-Mobile, unterliegen eindeutig dem Anwendungsbereich der Bestimmung des Zahlungsdienstegesetzes (§ 27 Abs 6 ZaDiG), das die „Erhebung von Entgelten“ durch den Empfänger der Zahlung (im konkreten Fall das Mobilfunkunternehmen) für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstrumentes (dem unterschriebenen Zahlschein) verbietet.

Die Bestimmung sei nicht europarechtswidrig, sondern entspreche den Vorgaben der europäischen Zahlungsdienste-Richtlinie: Die Richtlinie weist ausdrücklich auf die Möglichkeit der Mitgliedstaaten hin, derartige zusätzliche Entgelte des Zahlungsempfängers einzuschränken oder zu verbieten. Da dieses Verbot in Österreich „im Hinblick auf die Transparenz bei Angeboten von Massenunternehmungen geschieht“, wirke sich die Bestimmung „jedenfalls wettbewerbsfördernd“ im Sinne der Richtlinie aus: „Muss nun das Unternehmen Nebenkosten, die iZm der Verwendung eines bestimmten Zahlungsinstruments stehen, in das Gesamtentgelt einrechnen, wird damit für den Kunden ein transparenteres Bild seiner vertraglichen Position gewährleistet, werden doch für den Kunden zusätzliche Entgelte wenn nicht versteckt, so doch an anderer Stelle als die übrigen Entgeltsbestandteile wie Grund- und Gesprächsgebühren angeführt und damit verschleiert.“

Auch werde der Zweck der europäischen Zahlungsdienste-Richtlinie, die Förderung effizienter Zahlungsinstrumente erreicht: Da die Unternehmen als Zahlungsempfänger zwar keine zusätzlichen (Straf)Gebühren verlangen dürfen, wohl aber Ermäßigungen bei der Verwendung bestimmter Zahlungsinstrumente anbieten dürften, werde durch eine Belohnung des gewünschten Verhaltens dieser Zweck „zweifellos besser erreicht als durch die übliche Bestrafung eines unerwünschten Verhaltens“.

Das Oberlandesgericht Wien bestätigt in seiner Begründung indirekt auch die Unzulässigkeit von Zahlscheingebühren im Versicherungsbereich: Es liege keine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes vor, da die Bestimmung auch das Versicherungsvertragsgesetz in diesem Punkt verdrängt habe.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die ordentliche Revision wurde zugelassen. T-Mobile verlangt derzeit von seinen Kunden keine Zahlscheingebühr mehr.

OLG Wien am 25.01.2011; 4 R 209/10z
Volltextservice
Klagevertreter: Dr. Langer, Rechtsanwalt in Wien
Quelle: http://verbraucherrecht.at/cms/index.ph ... news]=2447
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T-Mobile`s „Umweltbeitrag“ für Papierrechnung gesetzwidrig

HG Wien untersagt derartige Nebengebühren wegen gröblicher Benachteiligung.

Der VKI hatte im Auftrag des BMASK gegen den von T-Mobile eingeführten sog. Umweltbeitrag (€ 1,89 pro Papierrechung) Verbandsklage eingebracht. Nun bestätig das Handelsgericht Wien in erster Instanz die Unzulässigkeit derartiger Nebengebühren.

T – Mobile führte im Zuge einer AGB-Änderung die zusätzliche Gebühr für jenen Fall ein, in dem der Konsument auf eine Papierrechnung besteht und sich nicht mit der elektronischen Rechnungslegung begnügen möchte. Dieser Umweltbeitrag fließe – so in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von T-Mobile – „zu einem Teil in den Umweltfonds“, mit dessen Mitteln „Umweltschutzprojekte und Maßnahmen anerkannter Hilfsorganisationen oder staatlicher Einrichtungen finanziert“ werden sollen.

Abgesehen davon, dass für den Konsumten nicht nachvollziehbar ist, wie diese Mittel von T-Mobile tatsächlich verwendet werden, ist aus Sicht des VKI eine derartige Vorgehensweise für Konsumenten gröblich benachteiligend: Die mittlerweile üblich gewordene „elektronische Rechnungslegung“, über die man bloß per SMS informiert wird, verwehrt dem Konsumten einen Überblick über seine Verbindlichkeiten und Rechnungsposten. Anstatt eine Papierrechnung übermittelt zu bekommen, müsste nunmehr der Konsument ständig selbst aktiv werden, um seine Handy-Rechnung per Internet kontrollieren zu können. Vor dem Hintergrund, dass es gerade bei Mobilfunkabrechnungen immer wieder zu unklaren bzw strittigen Rechnungsposten kommt (Mehrwertnummern, Downloadüberschreitungen etc), sah der VKI darin eine unzulässige Vorgehensweise von T-Mobile und mahnte die entsprechenden Klauseln ab.

Nun gab das Handelsgericht Wien dem VKI vollinhaltlich Recht: Die Klauseln seien für den Konsumenten gröblich benachteiligend und überraschend. Zum einen gäbe es Kunden, die gar keine Möglichkeit hätten, Internet zu empfangen (und daher schwer auf die Papierrechnung verzichten könnten). Zum anderen seien aber auch alle anderen Kunden dadurch einem wirtschaftlichen Zwang ausgesetzt, sich mit der elektronischen Rechnungslegung zu begnügen, um die Zusatzkosten für den sog Umweltbeitrag einzusparen. Hierin liege eine gröbliche Konsumentenbenachteilgung. Außerdem ist die Verpflichtung zur Rechnungslegung ganz grundsätzlich eine vertragliche Nebenpflicht, „die so üblich geworden ist, dass jeder Konsument damit rechnen kann, dass sie auch in der ortsüblichen Art und Weise erfüllt wird“. Die Klauseln sind daher auch überraschend für den Konsumten, und daher nichtig – so das Handelsgericht Wien.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien 23.2.2011, 11 Cg 196/10a – 7
Klagsvertreter: RA Dr. Langer
Quelle: http://verbraucherrecht.at/cms/index.ph ... news]=2455
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EuGH untersagt geschlechtsabhängige Versicherungstarife

Versicherungen müssen ab Ende 2012 einheitliche Tarife für Frauen und Männer anbieten. Unterschiedliche hohe Prämien und Leistungen stellen nämlich nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) eine unzulässige Diskriminierung dar.

Die Antidiskriminierungs-Richtlinie (RL 2004/113/EG vom 13.12.2004) untersagt grundsätzlich jegliche Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen. In Art. 5 Abs 2 der RL ist allerdings vorgesehen, dass unter gewissen Voraussetzungen unterschiedliche Prämien und Leistungen bei Versicherungen möglich seien.

Der EUGH sieht die Gefahr, dass diese Ausnahmebestimmung von der Regel geschlechtsneutraler Prämien und Leistungen im Versicherungsbereich unbefristet zulässig sein kann. Dies würde der Verwirklichung des Zieles der Gleichbehandlung zuwiderlaufen. Die Ausnahmebestimmung in Art. 5 ist daher mit Wirkung vom 21.12.2012 ungültig.

Versicherungen müssen daher spätestens mit Ende 2012 neue "unisex-Tarife" anbieten. Dies wird bei Neuverträgen in jenen Versicherungssparten Änderungen bringen, in denen bisher auf Grund des für das jeweilige Geschlecht unterschiedlichen Risikos verschieden hohe Prämien vorgeschrieben wurden. Bei bestehenden Vertägen ist keine Änderung zu erwarten.

Die Unisex Tarife werden für Frauen und Männer je nach Versicherungssparte Anpassungen bringen: Was bisher für ein Geschlecht billiger war, dürfte durch die Angleichung teurer werden und umgekehrt.

Bisher zahlten Frauen etwa bei Ablebens- bzw.- Er- und Ablebensversicherungen geringere Prämien als Männer, bei Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungen hingegen höhere Prämien. Auch bei Unfall- und Kfz Versicherungen waren die Prämien für Frauen bisher eher günstiger.

Mit den neuen Tarifen sollten für Frauen daher Ablebens- bzw.- Er- und Ablebensversicherungen teurer werden, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungen hingegen billiger. Für Männer verhält es sich genau umgekehrt: Für sie sollten mit den neuen Tarifen also etwa Ablebens- bzw.- Er- und Ablebensversicherungen billiger werden.

EuGH 1.3.2011 RS C-236/09
Quelle: http://verbraucherrecht.at/cms/index.ph ... news]=2454
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10. An § 68 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Kinder unter 12 Jahren müssen beim Rad fahren, beim Transport in einem Fahrradanhänger und wenn sie auf einem Fahrrad mitgeführt werden, einen Sturzhelm in bestimmungsgemäßer Weise gebrauchen. Dies gilt nicht, wenn der Gebrauch des Helms wegen der körperlichen Beschaffenheit des Kindes nicht möglich ist. Wer ein Kind beim Rad fahren beaufsichtigt, auf einem Fahrrad mitführt oder in einem Fahrradanhänger transportiert, muss dafür sorgen, dass das Kind den Sturzhelm in bestimmungsgemäßer Weise gebraucht. Im Falle eines Verkehrsunfalls begründet das Nichttragen des Helms kein Mitverschulden im Sinne des § 1304 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, JGS Nr. 946/1811, an den Folgen des Unfalls.
Großes Kopfschütteln von mir als Autofahrer. Auch wenn es sich dabei um Kinder handelt! Warum soll eine Mitverschulde nicht möglich sein? Mangelnde Einsichtsfähigkeit kann nicht für alles ein Argument sein. Naja, wieder etwas womit man sich abfinden muss!

In der StVO Novelle (BGBl. I Nr. 34/2011) gibts auch erweiterte Bodenmarkierungen, die Parkverbote kennzeichnen. Also ab sofort immer acht geben auf gelbe Linien, vor allem auch wenn sie am Gehsteig angebracht sind!
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Vergaberecht gegen Urheberrecht

Auch die Kommission muss lernen, dass die EU Freiheiten durch den Schutz des geistigen Eigentums eingeschränkt werden.

So der Fall gewesen in EuG 16.12.2010, Rs T-19/07 (Systran SA und Systran Luxemburg SA /Kom)

Was war passiert: Systran hat vo 1997 bis 2002 seine maschinellen Übersetzungsprogramme an die Anforderungen der Kommission angepasst. 2003 wurde eine Ausschreibung veröffentlicht, die die Wartung und Pflege sowie sprachliche Verbesserungen des Programmes zum Ziel hatte. Systran Luxemburg hat Schadenersatzklage erhoben, da rechtswidrig technisches Wissen an Dritte weitergegeben werde und durch unerlaubte Weiterentwicklungen Urheberrechstverletzungen begangen werden.

Fazit: Die Kommission wurde zu außervertraglichem Schadenersatz verdonnert. Dass die Firma im Vergabeverfahren nicht zum Zug gekommen ist, stellt an sich noch keinen Schaden dar, auch wenn das Verfahren kausal für den späteren Schadenseintritt war.
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Und ein interessante Vorlagefrage des OGH an den EuGH. Es geht um Inlandsgerichtszuständigkeit bei der Verwendung einer österreichischen Marke als AdWord in einer Suchmaschine, die auch unter anderen als .at Top Level Domains Leistungen anbietet:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Formulierung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“ in Art 5 Nr 3 der VO (EG) 44/2001 (Brüssel I‑VO) bei einem behaupteten Eingriff einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Person in eine Marke des Gerichtsstaats durch Verwendung eines mit dieser Marke identischen Schlüsselworts (AdWord) in einer Internet-Suchmaschine, die ihre Leistungen unter verschiedenen länderspezifischen Top‑level-Domains anbietet, dahin auszulegen,

1.1. dass die Zuständigkeit nur dann begründet ist, wenn das Schlüsselwort auf jener Suchmaschinen-Website verwendet wird, deren Top-level-Domain jene des Gerichtsstaats ist;

1.2. dass die Zuständigkeit allein dadurch begründet ist, dass jene Website der Suchmaschine, auf der das Schlüsselwort verwendet wird, im Gerichtsstaat abgerufen werden kann;

1.3. dass die Zuständigkeit davon abhängt, dass neben der Abrufbarkeit der Website weitere Erfordernisse erfüllt sein müssen?

2. Wenn Frage 1.3. bejaht wird: Nach welchen Kriterien ist zu bestimmen, ob bei Verwendung einer Marke des Gerichtsstaats als AdWord auf einer Suchmaschinen-Website mit einer anderen länderspezifischen Top-level-Domain als jener des Gerichtsstaats die Zuständigkeit nach Art 5 Nr 3 Brüssel I-VO begründet ist?
Quelle: OGH 05.10.2010, 17Ob8/10s
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VKI gegen UPC

22:2 in Sachen AGB beim HG Wien, noch nicht rechtskräftig:

Nachzulesen hier:
http://verbraucherrecht.at/cms/uploads/ ... _7_11t.pdf

19Cg7/11t

Für mich wesentlichster Punkt: Keine Zusatzkosten für Papierrechnung!
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Ich find mal wieder den Post der MRK Entscheidung mit der Manuduktionspflicht bei ineffektiver Verteidigung nicht.

Egal: OGH sagt dazu:
Das Gericht ist nicht berechtigt, die Tätigkeit eines bestellten Verteidigers dahingehend zu überwachen, ob er sein Amt richtig und zweckmäßig ausübt. Ein Einschreiten des Staates ist nur geboten, wenn das Fehlen einer ordnungsgemäßen Pflichtverteidigung offensichtlich ist oder die nationalen Behörden von dieser Nachlässigkeit des Pflichtverteidigers sonst Kenntnis erlangt haben.
OGH 25.01.2011, 12Os182/10x, 12 Ns91/10v
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Interessantes zur Gerichtszuständigkeit gibts vom OGH (nach EuGH Vorlage C-585/08):

OGH 28.01.2011, 6Ob261/10s

Art 15 EuGVVO und das Ausrichten der gewerblichen Tätigkeit im Internet standen zur Prüfung hinsichtlich inländischer Gerichtsbarkeitszuständigkeit an. Es wurde eine Frachtschiffreise vermittelt durch eine GmbH, die dies anscheinend über Internet anbietet.

Indizien für eine Marktausrichtung (erkennbarer Wille):
Telefonnummer mit internationaler Vorwahl, Abbildung einer Anfahrtsskizze mit Einbeziehung internationaler Routen, Sprache und Währung (entgegen Kommission IPRax 2001,261).

Auch die TLD kann Indiz sein, wenn es nicht eine allgemeine wie .com, .eu, .info ist und nicht unbedingt die des eigenen Landes.

Wenn die HP von Drittem betrieben wird , erfolgt eine Zurechnung, wenn der Betreiber der Website im namen und auf Rechnung des Unternehmers auftritt und der Unternehmer die internationale Ausrichtung der Seite kannte oder kennen hätte müssen.
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harald wrote:Ich find mal wieder den Post der MRK Entscheidung mit der Manuduktionspflicht bei ineffektiver Verteidigung nicht.

Egal: OGH sagt dazu:
Das Gericht ist nicht berechtigt, die Tätigkeit eines bestellten Verteidigers dahingehend zu überwachen, ob er sein Amt richtig und zweckmäßig ausübt. Ein Einschreiten des Staates ist nur geboten, wenn das Fehlen einer ordnungsgemäßen Pflichtverteidigung offensichtlich ist oder die nationalen Behörden von dieser Nachlässigkeit des Pflichtverteidigers sonst Kenntnis erlangt haben.
OGH 25.01.2011, 12Os182/10x, 12 Ns91/10v
Umso besser! Selbst schuld, kein Mitleid!
Dann werde ich mich inkünftig darauf berufen (wobei bei meiner derzeitigen Verwendung solche Fälle eigentlich ausgeschlossen sind)

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"Stammdatenabfrage" bezüglich dynamischer IP Adressen ist ohne richterliche Bewilligung alleine durch staatsanwaltschaftliche Anordnung zulässig.

Die Auskunft ist nicht als Auskuft über Daten einer Nachrichtenübermittlung gem. § 135 Abs 2 StPO zu beurteilen und unterliegt auch nicht Art 10a StGG (Fernmeldegeheimnis).

OGH 13.04.2011, 15Os172/10y
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Keine Diebstahlsfähigkeit von Kennzeichentafeln:
Durch ein in deren Wegnahme bestehendes Unterdrücken von Kennzeichentafeln (§ 49 KFG 1967) wird Diebstahl (§ 127 StGB) nicht begründet.

Auch wenn Urkunden, zu denen Kennzeichentafeln (§ 49 KFG 1967) zählen, nicht ohne Trägersubstanz auskommen, begründet die Verknüpfung der in einer Urkunde gelegenen Gedankenerklärung mit einer Trägersubstanz noch keinen Tauschwert im Sinn des § 127 StGB. Aus Gestehungskosten oder aus mit dem Erfordernis einer Trägersubstanz zwangsläufig verbundenem „Sachwert“ ist der für eine Subsumtion nach § 127 StGB erforderliche Tauschwert nicht abzuleiten.
OGH 18.11.2010, 13Os52/10m

Die Entscheidung wurde von einem verstärkten Senat getroffen. Damit ist nun klargestellt, dass es sich bei der Wegnahme der Kennzeichentafeln um eine Urkundenunterdrückung (§229 StGB) handelt. Damit ist der OGH von seiner ständigen Diebstahlsrechtsprechung endgültig abgewichen.
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weniger interessant, aber lesenswert:

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex ... 85:DE:HTML
C‑585/10 wrote: Nach allem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass der Ausdruck „Plätze für Säue“ in Anhang I Nr. 6.6 Buchst. c der Richtlinie 96/61 dahin auszulegen ist, dass er die Plätze für Jungsauen (weibliche Schweine, die bereits gedeckt worden sind, jedoch noch nicht geworfen haben) umfasst.
Ein Sieg für den Tierschutz.

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Schlussanträge des GA Mazak zu Rs C-112/11.

ebookers.com Deutschland gegen Verbraucherzentrale Bundesverband

Das OLG Köln hat folgende Frage an den EuGH gestellt:
Erfasst die Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008, wonach fakultative Zusatzkosten auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt werden und die Annahme der fakultativen Zusatzkosten durch den Kunden auf „Opt-in“-Basis erfolgt, auch solche im Zusammenhang mit Flugreisen stehenden Kosten, die für Leistungen Dritter (hier: des Anbieters einer Reiserücktrittsversicherung) anfallen und von dem Vermittler der Flugreise in einem Gesamtpreis gemeinsam mit dem Flugpreis von dem Fluggast erhoben werden?
Mazaks aus meiner Sicht erfreuliche Ansicht:
Der Begriff „fakultative Zusatzkosten“ nach Art. 23 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (Neufassung) ist dahin auszulegen, dass er auch die Kosten für von Dritten erbrachte Leistungen – z. B. die Kosten für den Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen – erfasst, wenn die Leistung und der hierfür anfallende Preis zusammen mit dem Flug angeboten und in einem einheitlichen Vorgang mit dem Flug gebucht werden kann und dieser Preis von dem den Flug verkaufenden Unternehmen in einem Gesamtpreis gemeinsam mit dem Flugpreis vom Kunden erhoben wird.
Last edited by harald on 12 Mar 2012, 13:23, edited 1 time in total.
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Schlussanträge des GA Bot zu Rechtssache C-346/10

Themenmäßig geht es um:
Recht der Unionsbürger, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu bewegen – Einreiseverbot in die Slowakische Republik für den Präsidenten Ungarns – Anwendung des Unionsrechts auf Staatsoberhäupter – Missbrauch des Unionsrechts
Der GA kommt zum Schluss, dass das Einreiseverbot nicht unter die RL fällt, da einmalig für bestimmten Zeitpunkt. Unionsbürger sind auch nicht mit Staatsoberhäuptern zu vergleichen, da letztere einen speziellen, nicht definierten völkerrechtlichen Status inne haben.

Meine Meinung: Spannend. Die Auslegung des GA: Zweifelhaft!
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Und weiter gehts mit spannenden Vorabentscheidungen. Diesmal sind nur die Vorlagefragen bekannt:

Es geht um die VO über Rechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr:

Ist die für die Durchsetzung dieser VO benannte nationale Stelle befugt, den konkreten Inhalt der von diesem Eisenbahnunternehmen zu verwendenden Entschädigungsbedingungen verbindlich vorzuschreiben, auch wenn das nationale Recht ihr lediglich die Möglichkeit einräumt, derartige Entschädigungsbedingungen für unwirksam zu erklären?

VwGH 08.09.2011, 2011/03/0044 (EuGH RS C-509/11)
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Und auch die Zahlscheingebühr steht im Mittelpunkt einer Vorlagefrage zur Zahlungsdienste RL.

OGH 08.11.2011, 10Ob31/11y (EuGH RS C-616/11)

Mein persönlicher Punkt der Genugtuung: T-Mobile steht als Gegner vor dem OGH! :twisted:
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Und wieder ein SA vom GA Mengozzi in der Rechtssache C-49/11 zum Verbraucherschutz in der Fernabsatz Richtlinie:
Es genügt nicht den Erfordernissen des Art. 5 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, wenn die nach dieser Richtlinie erforderlichen Informationen auf einer Internetseite zur Verfügung gestellt werden, die der Kunde durch Anklicken eines Hyperlinks abrufen kann, der ihm bei Vertragsabschluss gezeigt worden ist.
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http://www.flick-sass.de/reim.html

Urteile (wenngleiche keine neuen) in Reimform. Sehr nett.

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EuGH C-83/10
Flug Annulierung auch nach dem Start möglich

Wenn die Piloten nach dem Start entscheiden, zum Flughafen zurückzukehren, ist das im reiserechtlichen Sinn als Annullierung des Fluges zu verstehen. Die Passagiere haben somit Anspruch auf eine Ausgleichszahlung.
Daher Ausgleichszahlung von jeweils 250€.

Quelle
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Die Richtlinien über den elektronischen Geschäftsverkehr, das Urheberrecht und die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sind dahin auszulegen, dass sie der Anordnung eines nationalen Gerichts an einen Hosting-Anbieter entgegenstehen, ein System der Filterung

- der von den Nutzern seiner Dienste auf seinen Servern gespeicherten Informationen,
- das unterschiedslos auf alle diese Nutzer anwendbar ist,
- präventiv,
- allein auf eigene Kosten und
- zeitlich unbegrenzt

einzurichten, mit dem sich Dateien ermitteln lassen, die musikalische, filmische oder audiovisuelle Werke enthalten, an denen der Antragsteller Rechte des geistigen Eigentums zu haben behauptet, um zu verhindern, dass die genannten Werke unter Verstoß gegen das Urheberrecht der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Eine Entscheidung zur Contentfilterung. Enthält keine endgültigen Lösungen, da viele Fragen offen bleiben: Ist eine Filterung zulässig, wenn sie auf Kosten der Verwertungsgesellschaft erfolgt? Wie lang ist zeitlich begrenzt?

Quelle: EuGH vom 16.02.2012, RS C-360/10

Ähnlich auch EuGH 24.11.2011, RS C-70/10 zum Thema Filterung von Datenverkehr von P2P Programmen
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Post by dejost »

https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... Suchworte=

Prostituierte können nunmehr doch den Lohn einklagen.
Damit sind SexarbeiterInnen diesbezüglich nicht mehr schlechter gestellt als andere Personen.

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Die Beweiserhebung wird schwierig. (Glaubwürdigkeit der Angaben eines betrunkenen Freiers gegen die Angaben der Prostituierten und des Bordellbesitzers)
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Heute mal was kirchliches, es geht um Dienstverhältnisse von Pfarrern:
Art 15 StGG: Disziplinarordnung der Evangelischen Kirche
Der Staat und damit die weltlichen Gerichte dürfen in den innerkirchlichen Bereich nicht eingreifen. Das Feststellungsbegehren, dass die Disziplinarordnung der Evangelischen Kirche A. und H.B. in Österreich rechtsunwirksam ist, ist daher nicht zulässig
Quelle: OGH 25.11.2011, 9ObA129/11b
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Der EuGH hat hinsichtlich des "dauerhaften Datenträgers" im Fernabsatzrecht nun in der RS C‑49/11, wie folgt, entschieden:
Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz ist dahin auszulegen, dass eine Geschäftspraxis, nach der die in dieser Bestimmung vorgesehenen Informationen nur über einen Hyperlink auf einer Website des betreffenden Unternehmens zugänglich gemacht werden, nicht den Anforderungen der genannten Bestimmung entspricht, da diese Informationen weder im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7 von dem Unternehmen „erteilt“ noch im Sinne derselben Bestimmung vom Verbraucher „erhalten“ werden, und dass eine Website wie die im Ausgangsverfahren fragliche nicht als „dauerhafter Datenträger“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7 anzusehen ist.
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Der EGMR spielt beim Oligarchen Strafverfahren doch auch mit:
Die Unterbringung eines prominenten Angeklagten - wegen eines Wirtschaftsdelikts und ohne Anhaltspunkte für seine Gefährlichkeit - während des gesamten Strafverfahrens in einem Metallkäfig im Gerichtssaal verletzte Art 3 EMRK.
Quelle: EGMR Khodorkovskiy, 31.05.2011, 5829 Rz 120ff
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harald wrote:Lesenswert die Schlussanträge des GA in der Rechtssache C-461/10. Es geht um Vorratsdatenspeicherung gegen Urheberrecht. Also haben wir es als Österreicher in der Hand!
Demzufolge steht diese Richtlinie der Anwendung einer nationalen Vorschrift nicht entgegen, nach der in einem zivilrechtlichen Verfahren einem Internetdienstleister zu dem Zweck, einen bestimmten Teilnehmer identifizieren zu können, aufgegeben wird, einem Urheberrechtsinhaber oder dessen Vertreter Auskunft über den Teilnehmer zu geben, dem der Internetdienstleister eine bestimmte IP‑Adresse zugeteilt hat, von der aus die Verletzung begangen worden sein soll. Diese Angaben müssen jedoch gemäß detaillierten nationalen Rechtsvorschriften, die unter Beachtung der für den Schutz personenbezogener Daten geltenden unionsrechtlichen Bestimmungen erlassen worden sind, im Hinblick auf ihre Weitergabe und Verwendung zu diesem Zweck auf Vorrat gespeichert worden sein.
Leider nicht ganz so eindeutig das Urteil:
Die Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG ist dahin auszulegen, dass sie der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die auf der Grundlage von Art. 8 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums erlassen wurden und nach denen einem Internetdienstleister zu dem Zweck, einen Internetteilnehmer oder ‑nutzer identifizieren zu können, aufgegeben werden kann, einem Urheberrechtsinhaber oder dessen Vertreter Auskunft über den Teilnehmer zu geben, dem der Internetdienstleister eine bestimmte IP(Internetprotokoll)-Adresse zugeteilt hat, von der aus dieses Recht verletzt worden sein soll, da derartige Rechtsvorschriften nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/24 fallen.

Der Umstand, dass der betreffende Mitgliedstaat die Richtlinie 2006/24 trotz des Ablaufs der Umsetzungsfrist noch nicht umgesetzt hat, ist im Ausgangsverfahren unerheblich.

Die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) und die Richtlinie 2004/48 sind dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegenstehen, soweit es diese Rechtsvorschriften dem nationalen Gericht, bei dem eine klagebefugte Person beantragt hat, die Weitergabe personenbezogener Daten anzuordnen, ermöglichen, anhand der Umstände des Einzelfalls und unter gebührender Berücksichtigung der sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Erfordernisse eine Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen vorzunehmen.
Also die Erwähnung der Zweckbindung ist leider nicht ausdrücklich im Urteil gelandet. Ist aber aufgrund der Ausführungen implizit anzunehmen.
Im vorliegenden Fall hat sich der betreffende Mitgliedstaat dafür entschieden, von der ihm eröffneten Befugnis – wie sie in Randnr. 55 des vorliegenden Urteils beschrieben wird – Gebrauch zu machen, eine Verpflichtung zur Weitergabe personenbezogener Daten im Rahmen eines Zivilverfahrens vorzusehen.

Nach den fraglichen nationalen Rechtsvorschriften müssen, damit eine Weitergabe der betreffenden Daten angeordnet werden kann, insbesondere deutliche Anhaltspunkte für die Verletzung des Urheberrechts an einem Werk vorliegen, die begehrten Auskünfte müssen geeignet sein, die Untersuchung der Urheberrechtsverletzung oder ‑beeinträchtigung zu erleichtern, und die Gründe für die Anordnung müssen die Unannehmlichkeiten oder anderen Nachteile aufwiegen, die die Maßnahme für denjenigen, gegen den sie sich richtet, oder für andere entgegenstehende Interessen mit sich bringt.
--Harald
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harald
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Ein bissl Fluggastrechte gefällig?

Das BGHS hat bahnbrechende Neuigkeiten laut VKI:
Im Dezember 2011 hatten wenige Zentimeter Schnee den gesamten Betrieb am Flughafen London Heathrow gelähmt und Flugausfälle und Verspätungen nach sich gezogen. In einer vom VKI im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums geführten Klage sprach das BGHS Wien nun einer Konsumentin die Ausgleichsleistung und die Mehrkosten für das selbst organisierte Ersatzticket zu.
Kurz zusammengefasst: wer nicht genügend Salz einlagert, und somit den Flughafen dicht machen muss, nicht fähig ist eine ausreichende Anzahl an Schaltern für gestrandete Passagiere zu öffnen und die Verfügbarkeit der Webseite für Rückfragen nicht gewährleisten kann, der muss zahlen.

Entscheidung ist zum Artikelzeitpunkt nicht rechtskräftig gewesen.

Quelle: VKI Text zu BGHS Wien, 01.08.2012, 10 C 445/11f
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harald
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EuGH Rechtssache C‑428/11

Es geht um Gewinnspielversprechen. Kosten für die Inanspruchnahme des Preises sollen nicht anfallen. Das nenn ich mal sehr kundenfreundlich!
Nr. 31 zweiter Gedankenstrich des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass er aggressive Praktiken verbietet, mit denen Gewerbetreibende wie die an dem Ausgangsverfahren beteiligten den fälschlichen Eindruck erwecken, der Verbraucher habe bereits einen Preis gewonnen, obwohl die Möglichkeit des Verbrauchers, Handlungen in Bezug auf die Inanspruchnahme des Preises vorzunehmen, wie etwa die Erkundigung nach der Natur dieses Preises oder dessen Entgegennahme, von der Zahlung eines Betrags oder der Übernahme von Kosten durch den Verbraucher abhängig gemacht wird.

Es ist unerheblich, wenn die dem Verbraucher auferlegten Kosten, wie z. B. die Kosten einer Briefmarke, im Vergleich zum Wert des Preises geringfügig sind oder dem Gewerbetreibenden keinen Vorteil bringen.

Unerheblich ist auch, wenn der Gewerbetreibende dem Verbraucher für die Inanspruchnahme eines Preises etwa verschiedene Vorgehensweisen anbietet, von denen zumindest eine gratis ist, sofern eine oder mehrere der angebotenen Vorgehensweisen voraussetzen, dass der Verbraucher Kosten übernimmt, um sich über den Preis oder die Modalitäten seiner Entgegennahme zu informieren.

Es ist Sache der nationalen Gerichte, die den Verbrauchern übermittelten Informationen im Licht der Erwägungsgründe 18 und 19 sowie des Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/29 über unlautere Geschäftspraktiken, d. h. unter Berücksichtigung der Klarheit und der Verständlichkeit dieser Informationen für das Zielpublikum der betreffenden Praktik, zu beurteilen.
--Harald
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EuGH vom 14.06.2012, RS C-618/10

Es ging um missbräuchliche Zinsklauseln. Ein spanisches Gericht passte den Verzugszins von 29% auf 19% an. Der EuGH hat dem eine Abfuhr erteilt:
Daraus ergibt sich, dass die staatlichen Gerichte eine missbräuchliche Klausel nur für unanwendbar erklären können, damit sie den Verbraucher nicht bindet, dass sie aber nicht befugt sind, ihren Inhalt abzuändern.
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harald
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Access Provider dürfen die Personendaten eines Posters, der eine dynamische IP Adresse verwendet, nicht preisgeben, da dies sonst einen Verstoß gegen die in §§ 92ff TKG normierten Pflichten wäre.

OGH vom 22.06.2012, 6Ob119/11k

:mrgreen:
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harald
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Mal wieder Fluglinien. Ob die es jemals lernen werden?
1. Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ist dahin auszulegen, dass Umstände wie die Schließung eines Teils des europäischen Luftraums nach dem Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull „außergewöhnliche Umstände“ im Sinne dieser Verordnung darstellen, die die Luftfahrtunternehmen nicht von ihrer Betreuungspflicht gemäß den Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und 9 der Verordnung entbinden.

2. Die Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und 9 der Verordnung Nr. 261/2004 sind dahin auszulegen, dass im Fall der Annullierung eines Fluges wegen „außergewöhnlicher Umstände“ von einer Dauer, wie sie im Ausgangsverfahren gegeben ist, der in diesen Bestimmungen vorgesehenen Pflicht zur Betreuung der Fluggäste nachzukommen ist, ohne dass dies die Gültigkeit dieser Bestimmungen berührt.

Ein Fluggast kann jedoch als Entschädigung dafür, dass das Luftfahrtunternehmen seiner Betreuungspflicht nach den Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und 9 der Verordnung Nr. 261/2004 nicht nachgekommen ist, nur solche Beträge erstattet bekommen, die sich in Anbetracht der dem jeweiligen Fall eigenen Umstände als notwendig, angemessen und zumutbar erweisen, um den Ausfall der Betreuung des Fluggasts durch das Luftfahrtunternehmen auszugleichen, was zu beurteilen Sache des nationalen Gerichts ist.
EuGH 31.01.2013, Rs C-12/11, McDonagh
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harald
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Fluggastrechte, die gefühlt zwanzigste Entscheidung:
Vorabentscheidungsersuchen – Luftverkehr – Verordnung (EG) Nr 261/2004 – Art 6 und 7 – Flug mit Anschlussflügen – Feststellung einer Verspätung zum Zeitpunkt der Ankunft am Endziel – Verspätung von drei Stunden oder mehr – Ausgleichsanspruch der Fluggäste
Quelle: RS EuGH 26.02.2013, Rs C-11/11, Folkerts
Siehe auch die Pressemitteilung:
Die Fluggäste eines Flugs mit Anschlussflügen müssen entschädigt werden, wenn ihr Flug am Endziel mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr ankommt
Die Tatsache, dass die ursprüngliche Verspätung des Flugs die vom Unionsrecht festgelegten Grenzen nicht überschritten hat, wirkt sich nicht auf den Ausgleichsanspruch aus
Quelle: http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs ... 0018de.pdf
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